piwik no script img

NachgefragtLustjagd zelebrieren

■ Streit zwischen Jagd und Naturschutz

Die Hubertusmesse anläßlich der Jagd zum 3. November ist vom Dompastor Karl-Heinz Daugelat höchspersönlich abgesagt worden – aus Angst vor Protestaktionen des Bremer Tierschutzvereins. Wir sprachen mit Forstdirektor Joachim Menzel vom Saupark Springe in Niedersachsen über den Streit zwischen Jägern und Tierschützern.

taz: In ihrem Park zeigen Ministerpräsidenten jeden Herbst, wie die „Früchte des Waldes“ geerntet werden. Ganz schön feudal.

Joachim Menzel, Forstdirektor vom Saupark Springe: Kritik an der Jagd macht sich am Saupark immer sehr gerne fest. Das erklärt sich aus der Geschichte: Der Saupark war ursprünglich königlich-hannoversches Jagdrevier vor den Toren der Residenzstadt Hannover. Heute wird uns immer noch unterstellt, daß hier Lustjagden zelebriert werden.

Aber scheinbar jagen „hohe Tiere“ bis heute bei Ihnen.

Ja. Der jeweilige Ministerpräsident schon, jedenfalls bis zur vorletzten Regierungsneubildung war es so. Aber Ministerpräsident Schröder macht es nicht. Er hat es auf den Land- und Forstwirtschaftsminister übertragen.

Und was ist heute anders als früher?

Die Gewichte haben sich etwas verschoben. Wir sind heute eines der Haupterholungsge- biete der Stadt Hannover. Der Saupark ist ein Gebiet von 12 Quadratkilometern Flächeninhalt, das von einer Mauer umgeben ist. Seit der Jahrhundertwende sind wir dann zu einer Touristenattraktion geworden. Viele Spaziergänger gehen durch den Park und bestaunen unsere Tiere. Die Jagd ist schon lange nicht mehr der alleinige Zweck des Sauparks.

Tierschützer halten Jagden für sinnlos. Der Wildbestand soll sich selbst durch Wintereinflüsse oder Raubwild regulieren. Die Jäger dagegen würden sich aus „Beuteneid“ gegen die Rückkehr von Bären, Wölfen und Luchsen sperren.

Ich persönlich hätte mit der Rückkehr dieser Raubtiere keine Probleme, wohl eher die Bau- ern. Denn die müssen dann um ihre Schafe und Rinder auf den Weiden fürchten. Das Problem ist nur, daß diese Raubtiere in unserem Park genauso ausgestorben sind wie in ganz Deutschland und in ganz Mitteleuropa.

Forstwirte kritisieren, daß Jäger viel mehr Wild im Jagdrevier ansiedeln wollen, als dem Wald gut tut.

Forstleute sehen das kritisch und distanziert. Man muß sich vor einer ungezügelten Jagdleidenschaft in Acht nehmen. Sonst schält das Wild zuviele Bäume ab und frißt Waldverjüngung ab.

Also gibt es doch ungezügelte Jägersleute, die nicht so auf den Naturschutz sehen?

Bei uns werden keine Wildschweine, Hirsche und Rehe neu dazugenommen. Tatsache ist: Unser Wildbestand wird nicht mehr durch natürliche Feinde reguliert. Da gibt es für die Jagd keine sinnvolle Alternative.

Also heiligt der Zweck die Mittel und jeder darf sich ohne schlechtes Gewissen eine Trophäe an die Wohnzimmerwand hängen?

Ich halte es für durchaus legitim, die Jagd gern zu betreiben. Wieso muß man das, was ja durchaus Sinn macht, mit bösem Gesicht und ernster Miene machen. Daß der Mensch sich über einen Erfolg freut, finde ich völlig normal.

Jagen Sie selber auch?

Ja, sicher. Ich bin damit groß geworden und habe damit keine Probleme. Fragen: kat

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen