Nachgefragt: „Daß man sich wohlfühlt“
■ Betriebsrat Eike Hemmer über die neue Unternehmenskultur bei den Stahlwerken
taz: Bei den Stahlwerken gibt es eine neue Unternehmenskultur, sagt der Chef Hilker.
Eike Hemmer, Stahlwerke-Betriebsrat: Das wird versucht. Das ergibt sich schon dadurch, daß die Sidmar eigene Vorstellungen hat...
Der Krankenstand soll auf Sidmar-Niveau gebracht werden...
Bei uns ist auch schon früher versucht worden, den Krankenstand zu senken, das ist eine Bremer Erfindung.
Was kann man da machen?
Wir haben ein ausgedehntes Gesundheitsprojekt: Man kann die Arbeitsbedingungen verbessern, aber vor allem auch das Betriebsklima, das Vorgesetztenverhalten. Wir gehen davon aus, daß eine große Zahl von Krankheiten psychosomatisch bedingt sind. Es kommt darauf an, ob man sich wohlfühlt am Arbeitsplatz, ob man das Gefühl hat, man wird akzeptiert. Es kommt auch auf die individuelle Einstellung zur eigenen Gesundheit an.
Zum Beispiel ein Alkoholverbot.
Das gibt es bei uns auf der Hütte schon lange.
Seit Weihnachten, weil es da einen Unfall gab, hat Hilker gesagt.
Nein, nein. Neu ist, daß die Vorstandsmitglieder und die Leitenden nun sagen: Wir können nicht auf das Alkoholverbot pochen und in der Hauptverwaltung und in der Gästezone in der Kantine einen trinken.
An der Einfahrt zur Hütte steht eine Schautafel zur Zahl der Unfälle. Was soll das?
Das ist ein Projekt zur Hebung der Arbeitssicherheit. Ziel ist eine Verhaltensänderung. Vorbeugend soll analysiert werden: Wo sind Gefahrenquellen? Die Zahl der Unfälle ist zurückgegangen, das Projekt ist sehr erfolgreich wie das Gesundheitsprojekt übrigens auch.
Eine neue Partnerschaft im Betrieb?
Wir haben das Problem, daß diese Kultur von der Sidmar von anderen Voraussetzungen ausgeht. Die haben keine Mitbestimmung, unsere belgischen Führungskräfte tun sich damit auch schwer. Die vertreten strikt die Auffassung: Im Betrieb kann nur einer bestimmen, und das sind die Führungskräfte.
Auch ohne Mitbestimmung hat die Sidmar aber einen Vorsprung bei der Unternehmenskultur.
Zum Teil. Was von der Sidmar kommt, ist eine größere Betonung von Regeln, von Sauberkeit und Ordnung, auch das Sicherheitskonzept.
Hat die Bremer Klöckner-Krise für die Belegschaft den Abschied vom Klassenkampf eingeläutet? Eine neue Identifikation mit der Hütte, die man gerettet hat?
Sicherlich, in der Krise haben wir alle an einem Strang gezogen. Aber es gibt nach wie vor Interessenkonflikte, und die müssen ausgetragen werden. Am 1. Mai ist bei Sidmar gearbeitet worden. Der Vorstand wollte das bei uns auch. Wir haben gesagt: Bei uns gibt es Mitbestimmung, da können die das nicht allein entscheiden. Darum hat es eine scharfe Auseinandersetzung gegeben.
Und? Habt ihr gearbeitet?
Wir haben nicht gearbeitet. Der 1. Mai ist für uns etwas Besonderes. Fragen: K.W.
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