Nachgefragt: Zahme Neonazis?
■ Rechtsextreme Szene konsolidiert sich laut Verfassungsschutz in Bremen
Am 10. Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß am vergangenen Samstag mußte die Bremer Polizei nicht bei rechtsextremen Aufmärschen in Bremen einschreiten. Auf der anderen Seite klagen Anwohner der Neustädter Gastfeldstraße über Pöbeleien aus der Kneipe Darthula durch rechtsextreme Skins. Die taz sprach über den aktuellen Stand in der Neonazi-Szene mit dem Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz, Walter Wilhelm.
taz. Herr Wilhelm, Stille am Heß-Todestag. Gibt es keine Neonazis mehr in Bremen?
Walter Wilhelm, Leiter des Landesamtes für Verfassungschutz: Es gibt in Bremen immer noch eine rechtsextreme Szene. Die hiesigen Neonazis haben sich am Heß-Todestag mit Gesinnungsgenossen aus dem Umland auf Helgoland getroffen. Dort hat es dann eine Demonstration gegeben.
Wie ist die Szene in Bremen zur Zeit einzuschätzen?
Eine der Hauptfiguren bleibt Markus Privenau. Der hat bei den Jungen Nationaldemokraten eine führende Position und dort einige Neonazis eingebracht. Das ist eine kleine, aber zuletzt sehr aktive Gruppe. Dazu stoßen einige Skinheads. Alles zusammen können das dann 40 bis 50 Personen werden.
Hat sich die rechtsextreme Szene zuletzt verändert?
Durch die Aktivitäten von Markus Privenau, dessen Nähe zur NPD und Führerschaft in der JN hat sich das Potential konsolidiert. Wir haben zudem immer noch die klassischen Gruppierungen DVU, Republikaner und NPD. Das sind alles zusammen etwa 550 Personen.
Wie gefährlich sind die?
Von gefährlich würde ich bei den Bremer Neonazis nicht sprechen. Dieses Gedankengut ist gefährlich. Eine Gefahr für Leib und Leben sehe ich nicht.
In der Neustädter Kneipe Darthula haben sich Rechtsextremisten getroffen. Formiert sich da eine neue Szene?
Von einer Neustädter Szene kann man nicht sprechen. Das ist in Bremen nicht an einem Stadtteil festzumachen. Dazu ist die rechtsextreme Gruppe zu klein.
Anwohner der Neustadt haben eine anonyme Unterschriftenliste gegen das Darthula gestartet. Anonym wegen der Angst vor Skinheads.
Ich kann definitiv nicht bestätigen, daß die rechtsextreme Szene in Bremen Gewalt anwendet gegen einfache Bürger. Es gibt manchmal gewalttätige Spannungsverhältnisse zwischen Rechtsextremen und Autonomen. Das hat aber nichts mit Bürgern zu tun, die sich mit Unterschriftenlisten wehren.
Fragen: Jens Tittmann
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