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NachgefragtKein Notstand

■ Bremen bei Tumorbestrahlung nicht Schlußlicht / Geräte aber recht alt

Im Land Bremen erkrankt im Schnitt jeder Dritte an Krebs; 2000 Menschen sterben jährlich. Für die 700.000 Menschen im Land plus niedersächsischem Einzugsgebiet gibt es drei moderne Bestrahlungsgeräte, außerdem zwei zwanzig Jahre alte Modelle, die im Herbst abgeschafft werden. In Bremen und Bremerhaven gibt es Wartezeiten für neue Patienten von über vier Wochen (s. taz vom 10.2.). Die taz sprach mit Michael Wannenmacher, Leiter der Heidelberger Strahlenklinik und Ex-Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft.

taz: Herrscht in Bremen ein Notstand bei der Tumorbestrahlung?

Michael Wannenmacher: Bei einer optimalen Auslastung müßte die Gerätezahl ausreichen. Aber spitze ist das natürlich nicht. Die beiden alten Cobaltgeräte sind nicht mehr erste Wahl. Natürlich muß da heute ein Linearbeschleuniger hin. Aber am Ende des Bundesdurchschnitts ist Bremen damit noch nicht angesiedelt.

In Bremerhaven gibt es nur noch ein Gerät, das im Herbst zwei Woche gewartet wird. Entsteht für die Patienten eine gefährliche Situation?

Gefährlich wäre übertrieben. Aber wenn man nicht kontinuierlich durchbestrahlt, werden die Ergebnisse schlechter.

Wie lang sind denn vertretbare Bestrahlungspausen?

Das hängt von der Tumor-Art ab. Mit dem einen Tumor kann man sich zwei Wochen absolut leisten, manche aggressiv wachsenden Tumore können diese Pause auf keinen Fall vertragen. Allgemein sollten die Wartezeiten zwei bis drei Wochen nicht überschreiten.

Gibt es einen gesetzlichen Anspruch auf Behandlung?

Nein.

Welche Krebserkrankungen werden denn überhaupt bestrahlt?

Bei zwei von drei Krebserkrankten wird bestrahlt. Es gibt bestimmte Krebserkrankungen, die so geheilt werden können: manche Formen von Hodentumoren, Lymphknotenkrebs, Brustkrebs, Hirntumor und vieles andere. Außerdem werden durch die Bestrahlung Schmer-zen gelindert oder Querschnittslähmung verhindert. Die Bestrahlung steht neben der Chirurgie als lokale Maßnahme im Vordergrund. Wenn ein Tumor allerdings gestreut hat, wird die Chemotherapie angewandt.

Wo liegen denn die Kosten?

Die Kosten bei der Strahlentherapie sind wesentlich niedriger als bei der Chemotherapie. Bei teilweise besseren Erfolgen. Nur, daß bei der Strahlentherapie am Anfang der hohe Gerätepreis von ein bis zwei Millionen steht. Doch die Chemotherapie kostet bei Ihnen in der Sankt Jürgens Straße sicherlich viele Millionen in der Woche. Nur: das geht in den Verbrauch rein und wird von der Krankenkasse bezahlt. Das Gerät dagegen bezahlt der Träger, also das Land. Wenn man die Anschaffung der Geräte per Abschreibung als Verbrauch deklarieren könnte, wäre das ein minimaler Betrag.

Fragen: ritz

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