Nachgefragt: Trommeln in Kiel
■ Nachrichten von der Flüchtlings-Karawane: Nett war es in Norderstedt
Die „Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen“ rollt. Am vergangenen Wochenende hat sie sich aus Bremen verabschiedet; inzwischen ist sie im holsteinischen Norden angelangt. Nicht immer nur freundliche MigrantInnen-Worte begleiteten die Karawane – man warf ihr Dominanz durch die deutsche Linke vor (siehe taz vom 14.8.). Wir sprachen mit Danja Schönhöfer, Karawanen-Mitglied, über die ersten Tage ihres Deutschland-Trecks:
taz: Wo seid ihr gerade?
Danja Schönhöfer, Karawanen-Mitglied (über Handy): Wir machen eine Kundgebung in der Kieler Innenstadt. Wie du hörst, ist es irre laut.
Was habt ihr denn in den ersten vier Tagen erlebt?
Schön ist vor allem, wie hier sehr verschiedenen Typen aufeinandertreffen. Nach der Demo in Bremen sind fünfzig Leute im Bus nach Hamburg mitgefahren: Drei oder vier Deutsche, sonst ziemliche viele Kurden, Iraner, Nigerianer, Leute aus dem Kongo, Sierra Leone...
Gab es einen Autokonvoi?
Ja, bis Hamburg. Die sind dann wieder zurückgefahren. Ziemlich nett war es in Norderstedt. Da haben wir eine Aktion zur Residenzpflicht gemacht; die Leute hatten einen Papierstreifen über die Straße gespannt, den die Karawane dann überqueren mußten. Überall erleben wir, daß die Leute vor Ort sich mit ihren Aktivitäten anschließen. In Norderstedt sind wir an einer Flüchtlingsunterkunft vorbeigezogen. Da haben 30 bis 40 Leute aus dem Wohnheim spontan mit uns eine Kundgebung gemacht.
Ich kann Dich kaum noch verstehen! Was sind denn das für Hintergrundgeräusche?
Das sind afrikanische Leute, die hier in Kiel zu Hauf mit Trommeln hergekommen sind. Die ganze Zeit ist hier immer viel Musik dabei. In Lübeck hatten wir eine tierisch lautstarke Demo. Da gab es mehrere Blocks von Kurden, aus dem Kosovo und Afrika, die plötzlich mit ihren verschiedenen Parolen aufeinander reagierten.
Und wo steht ihr da gerade?
Na, hier in der Fußgängerzone, in der Holstenstraße. Gleich gehen wir rüber zum Frauenministerium und zum Innenministerium. Da wollen wir einen Forderungskatalog überreichen – von Leuten aus der Zentralen Aufnahmestelle (ZAS) in Lübeck. Der ist da spontan zusammen mit uns entstanden.
An der Karawane wird kritisiert, ihr würdet kaum Kontakt zur Bevölkerung aufnehmen; eure Demos wären abgehoben.
Es ist immer schwierig, auf die Bevölkerung zuzugehen. Wir haben jedes Mal Flugblätter verteilt; während einer Demo ist das nun mal so ziemlich die einzige Kommunikationsform.
Und was sagst du zum Vorwurf einer deutschen Dominanz der Karawane?
Ich fand das ein bißchen komisch, daß ihr das so reingebracht habt. Natürlich gibt es Gruppen, die Bündnisse mit Deutschen ablehnen. Aber was wir machen, ist nun mal ein Bündnis – und zwar sehr stark geprägt von MigrantInnengruppen. Und daß wir mit unseren Forderungen auf den Staat zielen, das liegt daran, daß die Flüchtlinge erstmal vom Staat ganz konkret Druck kriegen.
Fragen: Fritz v. Klinggräff
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