■ Nachgedanken zum Parteitag der PDS: Ein Evergrün
Hier sind die vier fröhlichen Wellen mit Rosa Luxemburg. Oder ihrer Enkelin. Oder ist ja auch egal: Sahra Wagenknecht jedenfalls als Besetzung für die verruchteste der vier PDS-Strömungen hätte einem jeder Filmproduzent als zu klischeehaft um die Ohren gehauen. Zerbrechlich-mädchenhafter Idealismus, der doch den mörderischen Abgrund von Gulag bis Schießbefehl säumt: Ein Spießer, wer da noch rote Socken an zierliche Waden weben will.
Wohl hieße es, die PDS zu überschätzen, wenn man unterstellt, Frau Wagenknecht sei nach der Besetzungskartei zum Abohrfeigen ausgesucht worden. Ältere Altstalinisten wissen wahrscheinlich schlicht, daß man sich mit ihrem Repertoire derzeit nur blamieren kann, und lassen der Jugend ihren Lauf. Hoffentlich gibt es Besonnene, die die 25jährige nach der Achterbahnfahrt durch den Medienquirl auffangen.
Ob also Wagenknecht zu Ditfurth sich verhält wie Peter Kraus zu Elvis, muß man abwarten: Es mutet schon an wie die sozialistische Coverversion des Evergrüns „Realos gegen Fundis“. Und – da lacht der Marktwirtschaftler in der PDS – es verkauft sich noch mal prima: Die einen bejubeln den Sieg der Reformer, die anderen staunen dann doch, daß ein gutes Drittel sich outete – und nicht die „knapp 2.000“, die man bisher der Kommunistischen Plattform zurechnete. Das wirkt bei der Kundschaft, die „luxurierend ihre Bekenntnisse auslebt“, wie Jürgen Trittin seine Pappenheimer kennt: Wer heute „die da oben ärgern“ will, indem er Grün wählt, ist etwa so subkulturell wie Johannes Gerster.
Daß nämlich die rheinland-pfälzischen Bündnisgrünen am nämlichen Wochenende nicht einmal mehr eine Koalitionsaussage gegen die CDU zustande brachten, ging unter – im allgemeinen Bangen um das Schicksal eines André Brie etwa, der per Wahlniederlage vom Stasi-Mann zum Reformer umgemünzt wurde. Prompt verbittern koalitionswillige Grüne ihre Bürgerrechtler, bekommen sich Thierse und Höppner in die Wolle, und die rechtskonservative Welt erlegt waidgerecht die eigene Socke: „Nur Taten zählen“ tönt ihr Kommentar auf Seite 1. Nicht an vermeintlichen Absagen gen Stalin sei die PDS zu messen, sondern an ihren konkreten Taten. Das sieht Herr Höppner ähnlich. Hofft Gysi.
Den Vorhang zu und alle Fragen offen: Mögen die PDS-Strategen den Parteitag zufrieden beschließen. Außerhalb der Partei kloppt sich alles, innerhalb der Partei bekamen alle irgendwie ein bißchen recht.
Und wir schalten zum Werbeblock: „Biskyn. Schließt die Poren, bewahrt das Aroma.“ Friedrich Küppersbusch
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