Nachfolge: Einer wird gewinnen
Nachdem ihr Umweltsenator sie verköhlert hat, schienen die Grünen ratlos, wer ihr Stammressort übernehmen könnte. Dabei gibt es mehr als genug BewerberInnen.
Die Umwelt-SenatorInnen-Suche galt als Grünen-Problem: Nachdem Reinhard "Horst" Loske in den Sack gehauen hatte, schienen sich nur noch Viertelbürgermeister nach dem Job zu drängen.
Das hätte Abstriche in der Außendarstellung bedeutet: Loskes internationales Renommee hatten Bremens Windkraft-Image genutzt, auch wenn das nicht alle eingeborenen Unternehmer merkten. Und nun? Bremens Grüne außer Stande, die Nachfolge im grünsten aller urgrünen Ressorts zu ordnen? Quel blamage! Aber Irrtum: Hinter den Kulissen haben die Talentscouts unbemerkt ein Senatorablen-Quartett zusammengestellt. Bleibt nur noch die Mühe, den Besten der Besten auszusuchen. Die taz verrät, was für wen spricht.
I. Ralf Fücks
Natürlich ist den Bremer Grünen auch der am 3. August 1951 in Edenkoben geborene Ralf Fücks wieder fürs Amt des Umweltsenators eingefallen - der in Berlin die Heinrich-Böll-Stiftung leitet.
Vorzüge: Wars schon mal, kennt Bremen und die Behörde aus dem Effeff - wäre also von Außen besehen wohl der beste Kandidat. Auch ist Ralf Fücks jemand, der sich traut, mitunter laut und vernehmlich "Ich" zu sagen.
Nachteile: Sagt mitunter laut und vernehmlich "Ich". Und weiß, dass er der beste Kandidat ist.
Projekte: Noch ist der Bebauungsplan für die Luneplate nicht rechtskräftig - und Säbelschnäbler und andere Piepmätze brauchen dringend Schutz.
Überzeugungskraft: Nur wer von sich selbst überzeugt ist, kann auch andere überzeugen. Muss aber nicht.
Horst-Köhler-Faktor: Bleibt im Amt, auch wenn der übrige Senat sein Heil in der Flucht sucht.
II. Jens Eckhoff
Der am 7. 1. 1966 in Bremen geborene CDU-Politiker ist nur auf den ersten Blick kein Kandidat für das Amt des grünen Umweltsenators.
Vorzüge: Er hatte das Amt schon mal inne und kennt sich mit großen Koalitionen aus. Außerdem werden ihm derzeit wieder politische Ambitionen nachgesagt.
Nachteile: Das Parteibuch. Er gilt als Anhänger von Schwarz-Grün und hegt noch immer Hoffnung, aus der Bremer CDU könnte doch mal eine "moderne Großstadtpartei" werden.
Projekte: Der Wanzenschutz, äh: der Ausbau der Offshore-Windenergie. Eckhoff war nach seiner Senatorenzeit einschlägig als Lobbyist engagiert.
Überzeugunsgkraft: Mit ihm kann sogar Hollerland-Aktivist Gerold Janssen.
Horst-Köhler-Faktor: Nicht zu verachten: Er ist schon mal überraschend "aus persönlichen Gründen" von diesem Posten zurück getreten.
Die 27-jährige hatte schon viele Posten im Öko-Bereich wie "Vollzeitaktivistin" oder "Widerstands-Nomadin" im Kampf gegen vielerlei Übel. Nebenbei gab sie eine Alternativ-Lebenshilfefibel ("radikal mutig") heraus. Vermittlungsprobleme drohen nicht: Von ihren radikalen Polit-Konzepten erzählt sie Journalisten besonders gern.
Vorzüge: Wer sich mit Bundeswehr und Atomlobby anlegt, dürfte keine Angst vor der Bremer Handelskammer haben.
Nachteile: Auf Kriegsfuß mit dem Parlamentarismus. "Wählen um meine Stimme abzugeben" findet sie "gruselig".
Projekte: Autofreie Stadt sofort.
Überzeugungskraft: Braucht sie nicht. Politische Projekte setzt sie mit Sitzblockaden oder Anketten einfach selbst gegen mögliche Widerstände durch.
Köhler-Faktor: Hatte bislang noch nicht viel Gelegenheit zum Rücktritt. Dürfte den Posten aber verlassen, falls Greenpeace ruft.
Auf gute Nachbarschaft: Oldenburgs Grüne wären ihren parteilosen, am 22. Mai 1951 in Göppingen geborenen Oberbürgermeister Fritz Gerd Schwandner gerne los.
Vorzüge: War schon mal Staatsrat in Bremen, hat Medizin studiert, über die Sexualität von Gymnasiasten promoviert. War zudem lange Grüner und könnte es wieder werden, wenns der Karriere nutzt.
Nachteile: Der Sprung von B 7 zu B 11 ist nur so mittel.
Projekte: Als Senator könnte Schwandner den Traum vom "Schlauen Haus" verwirklichen, einer technisch aufgemotzten Immobilie, die ihre Insassen überwacht und bei Fehlverhalten (offene Kühlschranktür, Sex auf dem Fußboden) Alarm schlägt. Not täte auch die Intensivierung umweltpolitischer Beziehungen zu China.
Überzeugungskraft: Trotz Warnungen ließen sich Oldenburgs Grüne 2006 von ihm überzeugen.
Horst-Köhler-Faktor: Je nach Abfindung.
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