Nach vier Monaten Haft im Iran: Deutsche Journalisten freigelassen
Nach Zahlung einer Geldstrafe kamen die zwei "BamS"-Mitarbeiter aus dem Gefängis. Außenminister Westerwelle flog nach Teheran, um sie abzuholen. Dabei traf er auch Präsident Ahmadinedschad.
BERLIN afp | Nach mehr als vier Monaten Haft im Iran sind zwei deutsche Journalisten wieder in ihre Heimat zurückgekehrt. Begleitet von Außenminister Guido Westerwelle (FDP) landeten die beiden Reporter der Bild am Sonntag am Sonntagmorgen in Berlin, wie das Auswärtige Amt mitteilte. Die beiden Männer waren am Samstag überraschend von der iranischen Justiz gegen Zahlung einer Geldstrafe freigelassen worden.
Westerwelle war als erster europäischer Außenminister seit Jahren nach Teheran gereist, um die beiden Journalisten Jens Koch und Marcus Hellwig persönlich in die Heimat zu begleiten. Sie waren im Oktober in Tabris im Nordwesten des Landes festgenommen worden, als sie den Sohn der wegen Ehebruchs zum Tode verurteilten Iranerin Sakine Mohammadi Aschtiani interviewten. Ihnen wurde vorgeworfen, ohne entsprechendes Visum als Journalisten gearbeitet zu haben.
Nach Monaten diplomatischen Tauziehens fällte die iranische Justiz schließlich ein Urteil, das zu der Freilassung am Samstag führte. Iranischen Medien zufolge wurde eine ursprünglich gegen die Deutschen verhängte Gefängnisstrafe von 20 Monaten in eine Geldstrafe von jeweils 500 Millionen Rial (rund 36.500 Euro) umgewandelt. Die Urteile seien wegen "Vergehen gegen die nationale Sicherheit" ergangen, zitierte die Agentur Isna die Justizbehörden. Als Begründung für die Umwandlung in eine Geldstrafe führte das Gericht demnach an, dass die Männer "von anderen Beschuldigten benutzt" worden seien. "Sie haben daher islamisches Mitgefühl verdient", hieß es.
Am Samstag übergaben die iranischen Behörden die Journalisten in Tabris in die Obhut deutscher Konsularbeamter, anschließend wurden sie nach Teheran geflogen. Dort trafen die Reporter Westerwelle, gemeinsam brachen sie am Sonntagmorgen in Richtung Deutschland auf.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reagierte erleichtert auf das Ende der Haft. "Ich bin sehr froh, dass Marcus Hellwig und Jens Koch endlich als freie Menschen zu uns nach Deutschland zurückkehren können", sagte Merkel der Bild am Sonntag. Auch die Angehörigen waren voller Freude. "Wir sind dankbar und glücklich und freuen uns, dass das lange Bangen und Hoffen doch noch ein gutes Ende gefunden hat", sagten die Schwestern von Marcus Hellwig, Miriam Lobinsky und Christina Hellwig, der Zeitung.
Westerwelle nutzte die Reise nach Teheran auch für Gespräche mit Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad und Außenminister Ali Akbar Salehi. Nach Angaben von Ahmadinedschads Büro ging es bei dem Treffen um "regionale Fragen, die Lage in Afghanistan sowie um die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit im Kampf gegen Terrorismus und Drogenschmuggel". Im Anschluss an sein Gespräch mit Salehi sagte Westerwelle, die Zusammenkunft habe in erster Linie dem gegenseitigen Kennenlernen gedient. Es sei nicht der Zeitpunkt gewesen, wichtige Fragen zu diskutieren. Teheran steht wegen seines umstrittenen Atomprogramms unter scharfen wirtschaftlichen und politischen Sanktionen der EU, die unter anderem ranghohe bilaterale Kontakte untersagen.
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