Nach starken Regenfällen in Indien: Verheerende Erdrutsche in Kerala
Über 160 Menschen sterben im südindischen Kerala an den Folgen sintflutartiger Regenfälle. Die Armee ist im Einsatz, Bergungsarbeiten laufen weiter.
![Ein Mann tröstet einen anderen inmitten von Geröll Ein Mann tröstet einen anderen inmitten von Geröll](https://taz.de/picture/7151178/14/Indien-Kerala-1.jpeg)
Erdmassen und Felsbrocken lösten sich von den Hängen und überraschten die Menschen im Schlaf. Der aufgeweichte Boden wurde zum tödlichen Verhängnis: Bäume, Fahrzeuge, Menschen und Tiere wurden mitgerissen, Häuser geflutet. Mindestens 163 Menschen starben laut Medienberichten, mehr als 180 wurden verletzt, ihre Identität ist oft ungeklärt. Hunderte gelten als vermisst.
Besonders betroffen sind Familien, die auf Tee- und Kardamomplantagen leben. Einsatzkräfte evakuierten bei teils stürmischem Wetter mehr als 1.000 Menschen. In der Moschee von Mundakkai fanden die Geretteten Zuflucht und Versorgung, wie die indische Armee mitteilte. Das Südkommando der indischen Luftwaffe unterstützt die Such- und Rettungsarbeiten in den Erdrutschgebieten, auch die Marine ist im Einsatz. Mit Seilen und Behelfsbrücken brachten sie Menschen in Sicherheit.
Abgelegene Siedlungen sind jedoch schwer zu erreichen, Zufahrtswege sind blockiert. Schlechtes Wetter erschwert die Rettungsarbeiten. Am Mittwoch hat der Regen zwar etwas nachgelassen, Entwarnung kann aber noch nicht gegeben werden, es werden weitere Regenfälle erwartet. Die Rettungskräfte suchen unterdessen weiter nach möglichen Überlebenden unter eingestürzten Dächern und Trümmern.
Modi verspricht Hinterbliebenen Hilfszahlungen
In der Landeshauptstadt Thiruvananthapuram weht die Nationalflagge auf Halbmast. Keralas Ministerpräsident Pinarayi Vijayan (CPI-M) rief eine zweitägige Staatstrauer aus. „Das ist eine der schlimmsten Naturkatastrophen, die Kerala je erlebt hat“, sagte er am Dienstag. „Es gab extrem starke Regenfälle. Ein ganzes Gebiet wurde verwüstet“, so Vijayan. Die Schäden an Häusern und Existenzen seien „immens“.
Hilfslager wie provisorische Krankenhäuser wurden eingerichtet, Trinkwasser und Lebensmittel ins Katastrophengebiet gebracht. Unterstützung kommt auch aus dem Nachbarstaat Tamil Nadu.
Premierminister Narendra Modi (BJP) sicherte der Regierung von Kerala Hilfe zu. Außerdem versprach er Hinterbliebenen Hilfszahlungen von umgerechnet 2.200 Euro. Kritiker:innen sagen, dass Südindien von der BJP-geführten Zentralregierung oft vernachlässigt wird, da die dortigen Bundesstaaten in Opposition zur Zentralregierung stehen. Doch hier reagierte Delhi schnell. Wayanad, dessen natürliche Schönheit jedes Jahr Millionen von Tourist:innen anzieht, ist seit 2019 der Wahlkreis des Oppositionsführers Rahul Gandhi von der Kongresspartei.
Die Verwüstung sei herzzerreißend, sagte Gandhi und erklärte, er habe im Parlament Unterstützung gefordert. Seine geplante Reise nach Wayanad wurde zunächst aufgrund der schlechten Wetterbedingungen verschoben.
Die Abholzung von Waldflächen für den Plantagenanbau könnte zur Verschärfung der Auswirkungen beigetragen haben, warnen Experten. In den westlichen Ghat-Regionen, die früher dicht bewaldet waren, gäbe es jetzt meist Plantagen, die kommerziell rentabler seien, äußerte sich ein früher Mitarbeiter des Ministeriums für Geo- und Klimawissenschaft in Kerala. Der Ökologe Madhav Gadgil schließt nicht aus, dass die Katastrophe in Wayanad von Menschen verursacht wurde.
Der BJP-Abgeordnete Tejasvi Surya hingegen macht den illegalen Bergbau für die Erdrutsche in Wayanad in Kerala verantwortlich. Während der Regenzeit sind Naturkatastrophen in Indien nicht selten: 2018 kamen in Kerala bei schweren Überschwemmungen etwa 400 Menschen ums Leben.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!