Nach langem Hickhack: Erste Irak-Flüchtlinge in Hannover

118 der insgesamt 2.500 Kriegsflüchtlinge aus dem Irak landen in Hannover. Flüchtlingsorganisationen kritisieren, es würden zu wenige aufgenommen.

Vom Irak nach Friedland: Irak-Flüchtlinge nach der Ankunft in Hannover. Bild: dpa

Etwas verzagt und müde schauten sie in die Kameras. Dennoch begann am Donnerstag für die ersten Kontingentflüchtlinge aus dem Irak ein neuer Abschnitt ihres Lebens. Um kurz nach 15 Uhr landete eine Chartermaschine der Hamburg International Airlines aus Damaskus mit 118 Irakern auf dem Flughafen in Hannover-Langenhagen. Bis zum Jahresende sollen alle 2.500 Iraker, die Deutschland nach langem politischen Hickhack im Rahmen einer "humanitären Aktion" aufnehmen will, hier sein.

"Herzlich willkommen", begrüßte sie ein Plakat des Flüchtlingsrats. Deutschland habe ein Interesse daran, "dass sie so schnell wie möglich in die Gesellschaft integriert werden", sagte Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU).

Insgesamt kamen am Donnerstag 31 Familien, der jüngste Flüchtling ist erst wenige Monate, der älteste 79 Jahre alt. Bis auf eine erkrankte Familie wurden die Iraker mit dem Bus zum Aufnahmelager nach Friedland in der Nähe von Göttingen gebracht. Von dort werden sie nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Bundesländer verteilt.

Kirchen und Flüchtlingsorganisationen halten die Zahl der Flüchtlinge angesichts von über zwei Millionen Irakern, die nach Syrien und Jordanien geflohen sind, für viel zu gering: "Die Zahl derer, die eine neue Heimat benötigen, ist weit größer", sagte Günter Burkhardt von Pro Asyl. Ende der 70er-Jahre sei Deutschland bei der Aufnahme noch großzügiger gewesen, so Otmar Oehring vom Kirchenhilfswerk Missio. Damals habe die Bundesrepublik noch 26.000 Flüchtlinge aus Indochina, die sogenannten Boat People, aus humanitären Gründen aufgenommen.

Immerhin sieht Niedersachsen inzwischen davon ab, "seine" 230 Flüchtlinge im "Ausreisezentrum" in Bramsche bei Osnabrück unterzubringen. Auch die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann hatte das kritisiert: Bramsche sei ein "Abschiebelager", die gemeinsame Unterbringung von Flüchtlingen kurz vor der Ausweisung und den Irakern, die eine Bleibeperspektive haben, sei nicht akzeptabel, so die Bischöfin. Nun sollen die Flüchtlinge, die in Niedersachsen bleiben, zunächst einen dreimonatigen Integrationskurs in Friedland absolvieren.

Das Land Berlin wird 125 der Flüchtlinge aufnehmen. "Willkommen in Ihrer neuen Heimat" stehe in dem Informationsblatt, mit dem die Hauptstadt ihre neuen Mitbürgerinnen begrüßt, berichtet Ahmad El-Hakim vom Irakischen Kulturverein Berlin. Der Verein wird bei der Integration der Flüchtlinge helfen. Diese soll "schnell und menschenwürdig" vonstattengehen. Das plant die Senatorin für Integration, Heidi Knake-Werner (Linkspartei) gemeinsam mit Günter Piening, dem Integrationsbeauftragten des Senats.

Bereits zwei Wochen nach ihrer Ankunft in Friedland will Berlin die Flüchtlinge in die eigene Aufnahmestation Marienfelde holen. Zur zügigen Eingliederung wurden schon jetzt Kooperationsvereinbarungen mit dem zuständigen Jobcenter, mit Wohnungsbaugesellschaften, umliegenden Schulen sowie dem Beratungscenter für Folteropfer geschlossen.

Etwa 2.000 IrakerInnen leben bereits in Berlin. Knapp 150 von ihnen verfügen nur über eine Duldung. Bei Aufhebung des Abschiebestopps müssen sie in den Irak zurückkehren.

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