Kommentar Irak-Flüchtlinge: Schafft ein Resettlement-Programm!

Die Hilfsbereitschaft der Bundesrepublik darf nicht bei den irakischen Christen enden: Deutschland muss sich verpflichten, jedes Jahr ein festes Flüchtlingskontingent aufzunehmen.

Die ersten 120 irakischen Flüchtlinge, die die Bundesrepublik als Teil eines europäischen Programms aufnehmen will, sind am Donnerstag mit viel Tamtam in Hannover empfangen worden. Insgesamt will die Bundesrepublik 2.500 IrakerInnen aufnehmen, EU-weit sollen es 10.000 sein. Damit hat die Bundesrepublik erstmals seit den vietnamesischen Boat-People in den 70er-Jahren der dauerhaften Ansiedlung eines Flüchtlingskontingents zugestimmt. Das ist neu und gut, aber kein Grund, sich auf die Schulter zu klopfen.

Angesichts des irakischen Flüchtlingsdramas ist die Aufnahme von 2.500 Menschen ein Tropfen auf den heißen Stein: Insgesamt zweieinhalb Millionen Menschen haben den Irak verlassen, die weitaus meisten Flüchtlinge sind in Syrien und Jordanien gestrandet. Weltweit sind insgesamt, so schätzt das UN-Flüchtlingshilfswerk, über 40 Millionen Menschen auf der Flucht. Die meisten von ihnen finden Aufnahme in ihren Nachbarländern, die damit völlig überfordert sind.

Deshalb sollte die Bundesregierung einen Schritt weiter gehen und aus der Aufnahme der IrakerInnen ein richtiges Resettlement-Programm machen, wie es Flüchtlingsorganisationen seit langem fordern. Also ein Neuansiedlungsprogramm, mit dem sich die Bundesrepublik verpflichtet, jährlich ein festgelegtes Kontingent von Flüchtlingen dauerhaft aufzunehmen. Unter anderem die USA und Kanada, Schweden, Dänemark und Großbritannien tun das schon lange. Kapazitäten dafür gibt es: Schließlich haben zahlreiche Gesetzesverschärfungen auf deutscher und europäischer Ebene die Anzahl der AsylbewerberInnen hierzulande extrem reduziert.

Die Voraussetzungen für die Integration der IrakerInnen sind gut: Anders als AsylbewerberInnen bekommen sie sofort eine dreijährige Aufenthalts- und eine Arbeitserlaubnis, in der Bevölkerung gibt es eine breite Unterstützung für ihre Aufnahme, insbesondere bei den Kirchen. Das liegt sicher auch daran, dass viele der IrakerInnen verfolgte Christen sind. Warum aber sollte das nicht auch bei anderen Flüchtlingen gelingen? Die Hilfsbereitschaft der Bundesrepublik darf nicht bei irakischen Christen enden.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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