Nach einem Jahr Gefühl im Finger: Transplantierte Arme funktionieren
Ein Jahr nach seiner OP kann der erste Patient mit 2 transplantierten Armen seine Finger an der linken Hand bewegen. Die Nerven wuchsen schneller als gehofft, die Komplikationen sind im Griff.
MÜNCHEN ap | Die weltweit erste Transplantation zweier kompletter Arme war ein Erfolg: Ein Jahr nach dem Eingriff, bei dem der Landwirt Karl Merk am Münchner Klinikum Rechts der Isar die Gliedmaßen eines Toten erhalten hatte, kann der Patient bereits die Finger der linken Hand ein wenig bewegen. Seine Ärzte berichteten am Montag, auch der rechte Arm sei auf einem guten Weg, wenn auch noch nicht ganz so weit. Der Regenerationsprozess des Patienten verlaufe erfreulich.
"Manchmal gab es über Nacht Fortschritte", sagte Merk selbst: "Ich bin jetzt wirklich sehr zufrieden." Der 55-jährige Landwirt hatte vor sieben Jahren bei einem Unfall mit einem Maishäcksler beide Arme verloren. An normale Prothesen konnte er sich nicht gewöhnen, und so erklärte er sich zu der außergewöhnlichen Operation bereit, die mehrere Jahre lang vorbereitet wurde.
Der rund 15 Stunden dauernde Eingriff, an dem insgesamt mehr als 40 Chirurgen, Anästhesisten und Schwestern beteiligt waren, galt vor einem Jahr als die größte jemals durchgeführte Transplantation. Zwei parallel arbeitenden Ärzteteams hatten jeweils einen Arm verpflanzt.
Die Verpflanzung ganzer Arme ist auch deshalb besonders schwierig, da sehr viel Haut mit übertragen wird, die eine starke Immunreaktion des Empfängers auslösen kann. Zudem ist das Knochenmark der Arme selbst fähig, Immunzellen zu produzieren, die ihrerseits den Empfänger attackieren können.
Nerven schneller als erwartet gewachsen
In den zwölf Monaten seit der Operation habe Merk in unzähligen Stunden Physiotherapie nach und nach gelernt, seine neuen Arme immer besser zu nutzen, erklärten die Mediziner. Die Nerven mussten erst langsam in die neuen Arme einwachsen, waren dabei aber offenbar schneller als erwartet. Nach der Operation hatten die Ärzte erklärt, dass es eineinhalb bis zwei Jahre dauern könne, bis Merk seine Finger bewegen könne.
Zwar habe es auch Phasen mit Abstoßungsreaktionen gegeben, dies sei aber normal und Merk habe es mit Hilfe starker Medikamente gut überstanden, berichteten die Ärzte. Die Mediziner wollen nun ein Zentrum für Extremitätenrekonstruktion gründen. "Wenn sich für unseren Patienten alles weiter gut entwickelt, werden wir auch weitere Transplantationen dieser Art durchführen."
Merk selbst will am Mittwoch die Öffentlichkeit über seine Erfahrungen seit der Transplantation informieren.
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