: Nach der Flut drohen jetzt Seuchen
■ Bisher 65 Tote durch Überschwemmungen in Tschechien und Polen. Sechs Meter hohe Welle in Brandenburg?
Warschau/Prag (AP/dpa) – In Südpolen und Tschechien mußten auch am Montag noch Tausende von Menschen vor dem Hochwasser zurückweichen. Die Zahl der Todesopfer der seit einer Woche dauernden Katastrophe stieg in beiden Ländern auf 65.
In Wroclaw (Breslau) ging inzwischen der Pegelstand zurück, während die Fluten der Oder auf Glogow (Glogau) zuströmten. Nach Angaben der Behörden wurden in Polen und Tschechien Tausende von Menschen evakuiert. Allein im Gebiet von Hodonin (Göding) in Tschechien mußten 10.000 Menschen ihre Häuser verlassen, in Glogow 6.000. In Breslau wurden zwei Leichen aus dem Wasser geborgen. In Polen kamen insgesamt 36, in Tschechien 29 Menschen im Hochwasser um. Nach Angaben der polnischen Polizei starb am Wochenende bei Ratibor ein Deutscher, der mit einem Schlauchboot unterwegs gewesen war, um Fotos vom Hochwasser zu machen.
Mannschaften des Technischen Hilfswerks aus Berlin hatten in der Nacht zum Montag in Breslau viele Einwohner der überfluteten Stadtteile evakuiert. Dringend benötigt wurden hier wie in anderen Städten die aus der Bundesrepublik mitgebrachten Trinkwasseraufbereitungsanlagen, da vielerorts an der Oder die Wasserversorgung zusammengebrochen ist.
In Tschechien belaufen sich die materiellen Schäden nach Schätzungen bisher auf umgerechnet 6 Milliarden Mark. Die Regierung hat bisher etwa 700 Millionen Mark für die Hochwasseropfer zur Verfügung gestellt. Die Überschwemmungen haben rund ein Drittel des Landes erfaßt. Zu den am schwersten betroffenen Orten gehört das 2.000 Einwohner zählende Dorf Trouby bei Prerov. Dort waren nach Zeitungsberichten allein sechs Tote zu beklagen. 150 der insgesamt etwa 700 Häuser wurden völlig zerstört.
In den Gebieten, in denen das Hochwasser bereits zurückgegangen ist, besteht jetzt die Gefahr von Epidemieausbrüchen. Große Probleme bereitet den örtlichen Krisenstäben die Beseitigung der Tierkadaver. Nach Schätzungen sind Zehntausende Haustiere wie Rinder, Schafe, Schweine und Hühner in den Fluten verendet. Welchen Schaden das Wasser unter dem Wild angerichtet hat, ist bisher noch nicht abzuschätzen. In der nordmährischen Industriestadt Ostrava beseitigten Feuerwehrleute und Soldaten von chemischen Kampfeinheiten die Folgen einer Havarie, bei der eine erhebliche Menge Öl in das Wasser geflossen war.
Auch am neunten Tag der Jahrhundertüberschwemmung in Polen hat sich die Lage kaum entspannt. Am Montag bewegte sich eine Flutwelle die Oder entlang Richtung Norden. Besonders die Städte Scinawa, Glogow und Nowa Sol waren von den Wassermassen bedroht. Als Schutz errichtete Dämme hielten den Fluten zunächst stand. Mehr als 200 Dörfer und mindestens 240.000 Hektar Land wurden in Polen überflutet.
Das aus Polen und Tschechien ankommende Hochwasser wird für Ostdeutschland ernster als zunächst erwartet. „Wir mußten unsere Prognose revidieren“, sagte der Präsident des brandenburgischen Landesumweltamts, Matthias Freude, am Montag in Potsdam. Am kommenden Sonntag werde der Pegel der Oder im Grenzgebiet zu Polen voraussichtlich den Höchststand von sechs Metern erreichen. „Dann müssen wir die höchste Hochwasseralarmstufe vier ausrufen. Wir haben dann nur noch einen Meter Raum bis zur Deichkrone.“ Menschen und Häuser sind aber nach Erwartung der Experten nicht bedroht.
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