Nach den Wahlen in Sachsen: Tillich macht Tempo
Die CDU hat sich einen straffen Zeitplan für eine Koalitionsbildung verordnet, will aber auch mit anderen Parteien reden. SPD-Chef Thomas Jurk tritt zermürbt zurück.
Es ist nicht mehr als politisches Handwerk und entspricht den Anstandsregeln, wenn Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich am Montagabend auch SPD und Bündnisgrüne zu Sondierungsgesprächen einlud. Mit beiden könnte die dominierende CDU theoretisch ebenfalls eine regierungsfähige Koalition bilden. Doch weder SPD-Landeschef Thomas Jurk noch die Grünen-Spitzenkandidatin Antje Hermenau glauben ernsthaft, dass diese Gespräche etwas an der Favoritenrolle der FDP ändern werden. Hermenau dankte schon auf der Wahlparty am Sonntagabend für die Ehre und winkte ab. Und der frustrierte Jurk ließ sich vor Anhängern zu der Bemerkung hinreißen, die Sachsen würden schon merken, was eine schwarz-gelbe Regierung ohne soziales Korrektiv bedeute.
Nach den Montagsgesprächen der drei bisherigen Ministerpräsidenten der Wahl-Länder im CDU-Präsidium dürfte die Linie für Stanislaw Tillich erst recht klar sein. Mit 40,2 Prozent hat die sächsische Union noch relativ am besten abgeschnitten und kann als Einzige der Kanzlerin Rückenwind für die Bundestagswahl geben. Nicht nur die FDP mit ihrem Landeschef Holger Zastrow drängt auf eine Modellkoalition mit der CDU, die "ein klares Signal nach Berlin schicken soll". Auch die CDU hat sich einen straffen Zeitplan vorgegeben. Für den 19. September ist bereits ein außerordentlicher Landesparteitag anberaumt worden, der über eine Koalition mit den Liberalen beschließen soll. Noch vor der Bundestagswahl, so das erklärte Ziel der CDU, soll die neue Regierung stehen.
Parteiübergreifendes Thema war am Wahlabend das schlechte Abschneiden der SPD, die ihr historisches Tief von 2004 nur minimal auf 10,4 Prozent verbessern konnte. Der Landesvorsitzende und Spitzenkandidat Thomas Jurk übernahm am Montag dafür die Verantwortung und trat zurück. Bei den Sozialdemokraten herrschte verbreitete Ratlosigkeit, ohne dass sogleich Personen oder allein der Bundestrend für das Ergebnis haftbar gemacht wurden. Haben die fünf Jahre Regierungsbeteiligung eher genutzt oder geschadet? Zu brav, mangelndes Profil, Konzeptlosigkeit - auch solche Selbstvorwürfe wurden laut. Genugtuung herrschte nur über die Tatsache, dass die Zeiten absoluter Mehrheiten für die Union offenbar endgültig vorbei sind.
An der "Wahlparty" der Linken fiel die leidenschaftslose Stimmung und das frühzeitige Verschwinden ihres Spitzenmannes André Hahn auf, um dessen Person erneut eine Diskussion entbrennen könnte. Die NPD erholte sich nach sichtlicher Enttäuschung über "nur" 5,6 Prozent wieder, da sie das Hauptziel eines Wiedereinzugs erreicht hat. Fraktionschef Holger Apfel machte die Medien und eine "Hetzkampagne" für die Verluste verantwortlich. Alarmieren muss die Statistik, nach der 14 Prozent der Erstwähler die Rechtsextremen gewählt haben.
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