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Nach den Wahlen in ElfenbeinküsteDruck auf Gbagbo erhöht sich

Nach den blutigen Unruhen fordern EU und USA eine sofortige Machtübergabe an den Wahlsieger Ouattara. Westafrikas Zentralbank erwägt die Übergabe der Staatskasse.

Die Unterstützer des Oppositionsführers Alassane Ouattara errichten brennende Barrikaden in Abidjan. Bild: dpa

Nach den blutigen Kämpfen in der ivorischen Metropole Abidjan am Donnerstag steigt der internationale Druck auf den Noch-Präsidenten Laurent Gbagbo, seine Wahlniederlage zu akzeptieren und sein Amt an den Wahlsieger Alassane Ouattara zu übergeben. Die USA und die EU stellten Gbagbo ein Ultimatum zum Rücktritt "vor dem Ende der Woche", wie der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy am Freitag zum Abschluss des EU-Gipfels erklärte.

Andernfalls würden seine Konten in Europa eingefroren, ein Einreiseverbot verhängt sowie eine Anklage vor dem Internationalen Strafgerichtshof geprüft, erklärten die Staats- und Regierungschefs der EU. "Alle zivilen und militärischen Führer der Elfenbeinksüte" seien aufgerufen, "sich der Autorität des demokratisch gewählten Präsidenten Alassane Ouattara zu unterstellen". Bereits am Montag hatten die EU-Außenminister personenbezogene Sanktionen beschlossen, ohne jedoch die Namen zu nennen. Es soll sich um 18 oder 19 Personen handeln.

Jean Ping, Kommissionschef der Afrikanischen Union (AU), traf am Freitag in Abidjan ein und begab sich in den Präsidentenpalast zu einem Gespräch mit Gbagbo. Die AU hat ebenso wie Westafrikas Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) Ouattara als gewählten Präsidenten anerkannt. Ouattara residiert nach wie vor zusammen mit seinem Premierminister Guillaume Soro im von 800 UN-Soldaten geschützten "Hotel du Golf" am östlichen Stadtrand von Abidjan.

Seine Anhänger hatten am Donnerstag versucht, zum Gebäude des ivorischen Staatsfernsehens RTI in Abidjan zu marschieren, um es als erstes Regierungsgebäude zu übernehmen. Gbagbos Sicherheitskräfte hatten dies sowie weitere Demonstrationen mit massiver Gewalt verhindert. Es soll rund 30 Tote gegeben haben. Am Freitag blieb die Lage ruhig. Die Armee sei bereits im Morgengrauen massiv ausgerückt, ersticke erneute Demonstrationen im Keim und nehme Ouattara-Sympathisanten fest, berichteten Augenzeugen. In Ouattaras Hochburg Abobo wurden zwei Leichen mit Kopfschüssen auf der Straße entdeckt.

Über 4.200 Menschen sind mittlerweile nach UN-Angaben aus der Elfenbeinküste in die Nachbarländer Liberia und Guinea geflohen. Im Westen der Elfenbeinküste Richtung Liberia kommt es zu bewaffneten Zwischenfällen. Die Ouattara unterstützenden Rebellen der "Forces Nouvelles" (FN), die die Nordhälfte der Elfenbeinküste kontrollieren, besetzten am Mittwoch die westivorische Stadt Bangolo und lieferten sich am Donnerstag Gefechte mit Gbagbo-treuen Truppen an der Waffenstillstandslinie bei Tiébissou.

Beobachter halten die von keinerlei konkreten Maßnahmen begleitete Verschärfung des internationalen Drucks auf Gbagbo für kontraproduktiv, da er damit nicht wirklich in Bedrängnis gerate, andererseits aber die nationalistische Karte spielen könne. Eine größere Gefahr für Gbagbo kommt von der westafrikanischen Zentralbank (BCEAO), die den in der Elfenbeinküste sowie im gesamten frankophonen Westafrika verwendeten, an den Euro gekoppelten CFA-Franc verwaltet.

Ouattara hat die BCEAO gebeten, ihm das Zeichungsrecht über die ivorischen Staatsguthaben bei der Zentralbank zu übertragen. Laut Financial Times steht eine entsprechende Entscheidung kurz bevor. Damit könnte Ouattara und nicht Gbagbo die am 22. Dezember erwartete Auszahlung der Dezembergehälter im öffentlichen Dienst leisten - es sei denn, Gbagbo schafft rechtzeitig genug Gelder aus dem Kakao- und Ölexport beiseite.

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7 Kommentare

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  • DP
    Daniel Preissler

    @Manfred

    Die Nähe Gbagbos zur frz. PS hast du ja dankenswerter Weise selbst erwähnt. Daher hat sich Frankreich 2002 ff. auch so schwer getan, sich gegen Gbagbo zu stellen (die frz. Reg. waren eine ganze Zeit lang weniger kritisch als andere westliche Reg.) und einen befürchteten Völkermord sicher zu verhindern, was sie glücklicherweise getan haben (sie sind damals übrigens gegen beide Parteien vorgegangen, wenn diese militärisch aktiv wurden). Ein weiteres Hemmnis für Frankreich war die (zumindest vermutete) Nähe z.B. Ouattaras zu den Amerikanern. Denn, wie ihr sagt, ist Frankreichs Wirken in Afrika tatsächlich selten bis nie uneigennützig. Im Fall der Elfenbeinküste haben sie aber eben einmal was richtig gemacht. Das war die Lehre aus Ruanda, wo man Frankreich eine beträchliche Mitschuld aus Gründen der ökonomischen Ausbeutung und (wohl noch mehr) des eigenen nationalen Prestiges (die anglophone Schneise vom Kap bis Kairo verhindern) zusprechen muss. Die z.T. hier geposteten Links zu Amnesty sind auf jeden Fall ernst zu nehmen. Allerdings würde ich die pro-Gbagbo- (oder wenn euch/Ihnen das lieber ist: die Anti-Frankreich-)Fraktion hier bitten, sie auch selber aufmerksam zu lesen. Es ist richtig, dass Herr Johnson eine sehr klare, nicht neutrale Position einnimmt. Ich denke, diese ist unter den Zuspitzungen die weitaus korrektere als eure/Ihre, die ihr die Massenvergewaltigungen, Plünderungen und Morde des Gbagbo-Umfeldes konsequent totschweigt oder gar verneint. Auch die Rebellen haben viel Mist gebaut. Das tun Bewaffnete immer irgendwann (auch Bundeswehrsoldaten, by th way). 2002 ff. sind die FN allerdings als die sozialsten afrikanischen Rebellen aller Zeiten aufgefallen (kein Witz), die (zumindest solange sie noch Geld hatten) bezahlt haben, statt zu plündern, und sehr wenige Übergriffe "zu verzeichnen" hatten (anders als die Gbagbo-Milizen, die ich weiterhin als SA bezeichnen werde).

    Sicherlich wäre es alles andere als gut, wenn die Rebellen Abidjan erobern würden (ich bin kein Pazifist und gestehe ihnen das prizipielle Recht dazu zu, allein um ihre "Verwandten" zu schützen), es wäre deutlich besser, wenn Gbagbo abtreten würde.

     

    Der Verweis auf Blaise Compaoré, der hier immer wieder angeführt wird, ist absolut richtig (s.o.: Frankreich!). Die Anhänger von Thomas Sankara werden von Gbagbos Schergen jedoch auch bedroht, das solltet ihr/sollten Sie dabei nicht vergessen.

    Ich würde euch/Sie bitten, mal zu überlegen, aus welchen Gründen ihr/Sie die verteidigung von Gbagbo, Goudé und Co. übernehmt (so wie ich das andersrum auch tue: Verbindungen nach Guinea, dessen Bewohner und Abkömmlinge in Abidjan zu den Bedrohten gehören). Wenn ihr dann feststellt, dass ihr nur mit Südivorern zu tun habt oder welche seit (hier fehlt die Siez-Form aufgrund der Länge, pardon!), relativiert das vielleicht euer einseitiges Bild und eure (aus meiner Sicht!) Täter-Opferverkehrung (die Ihr wohl mir unterstellen werdet - that's life).

    Noch etwas: Outtara ist oder war kein Rebell. Der Rebell war Soro, Outtara ist derjenige, der aus wahltaktischen Gründen mit rassistischer Argumentation von der Wahl ausgeschlossen wurde, Ihr/Sie erinnert euch/erinnern sich?

    Dass sich Gbagbo vor seiner Wahl nichts hat zuschulden kommen lassen, sogar der Hoffnungsträger (nicht nur der gebürtigen Südivorer) für mehr Demokratie war, ist absolut korrekt! Später hat es sich dann etwas gewandelt. Touré hatte in Guinea auch als selbstbewusster Halbrevoluzzer und Antiimperialist (und somit als afrikanische Hoffnung) angefangen und als (wohl grausamerer) Diktator geendet. Dies soll kein Plädoyer dafür sein, dass afrikanische Staatschefs sich wie Senghor und H-B an Frankreich ranschleimen sollen, bitte nicht falsch verstehen. An Tourés "Abdrehen" hatten die 3 anderen regionalen Player (ich nenne sie mal so: Frankreich, Senegal, CI) übrigens auch nihren Anteil.

    Ein Problem ist, dass sämtliche schwarzafrikanischen Ex-Kolonien Frankreichs dieses unseelige frz. Modell der verflixten V.Republik mit einem "starken Mann" an der Spitze übernommen haben, weil zufällig gerade die Frz. diesen dämlichen Präsidentenposten für ihren Weltkriegshelden zurechtgebastelt haben. Da kann fast nur ein autoritäres Regime bei rauskommen.

    So, genug für heute,

    beste Grüße und Wünsche, DP

     

    PS: Toi tu es 1er Gauo bé !

    Tunya lé féfé !

  • 1
    1-Gaou

    @Daniel: das sind dein Argumente? tu est pauvre!

  • GS
    Gunnar Sturm

    @Herr Preisler,

     

    1. für Sie bin ich Herr Sturm

     

    2. Die Geschichte gibt uns genügend Beispiele.

     

    Fangen Sie mal an zu lesen, sonst:

     

    3. Daniel Preisler: Ich habe nichts gewusst

  • MW
    Manfred Weule

    Leserbrief an die TAZ

    13.12.2010

     

     

     

    TAZ-Berichterstattung über die Wahlen in der Elfenbeinküste

     

     

    Sehr geehrte Damen und Herren,

     

    Ihre Berichterstattung blendet die französische manipulative Einflussnahme und das eigenartige Verhalten der UNO vollständig aus. Das ist skandalös! Was ist los in der TAZ-Redaktion?

     

    Ein unabhängiges Gremium (erstaunlicherweise aus 9 Outtara- und nur 2 Gbagbo-Anhängern und nicht paritätisch zusammengesetzt) sollte die Wahlen überwachen. Es konnte keine Einigung über die Wahlen im Norden erzielen, wo keine UNO-Wahlbeobachter zur Stelle waren (warum?) und die Wahlen nur unter Kontrolle der Outtara-Milizen stattfanden - dort wurden mehr Stimmen abgegeben als Wahlberechtigte registriert sind! Entsprechend konnte die Wahlkommission auch keine Einigung über die Anerkennung dieses Wahlergebnisses erzielen. Die ivorische Verfassung sieht vor, wenn die Wahlkommission nicht innerhalb von 3 Tagen das Wahlergebnis bekannt gibt, ist das Verfassungsgericht zuständig. Dieses hat die Wahlen inzwischen wegen der unrechtmäßig zustande gekommenen Wahlergebnisse im Norden annulliert – und Gbagbo wieder eingesetzt.

    Die Wahlen für Exil-Ivorer in Frankreich (die größte Exil-community in Europa, wo Gbagbo als Favorit galt) wurden bei beiden Wahlgängen annulliert.

     

    Frankreich hat 1 Mitglied der Wahlkommission ohne deren Wissen und Zustimmung im Hotel Golf in Abidjan vor die Kamera gezerrt, bevor diese ihre Beratungen beendet hatte und nicht autorisierte Zahlen veröffentlicht, die in der französischen und dann in der internationalen Presse berichtet wurden. Das ist Wahlmanipulation und Verletzung der verfassungsmäßigen Legalität dieses Staates. Wie würde wohl die europäische Presse reagieren, wenn sich Serbien Ähnliches im Kosovo leisten würde oder Russland in einem Nachbarland?

     

    Herrn Gbagbo mit Robert Mugabe zu vergleichen, ist Bild-Zeitungsstil, das hätte ich von der TAZ nicht erwartet! Gbagbo – wie immer man zu seiner Politik sonst stehen mag - hat auf jeden Fall keinen Bürgerkrieg angezettelt und auch keine Minderheiten in der Elfenbeinküste verfolgt.

     

    Es ließe sich viel mehr sagen, aber vielleicht schauen Sie mal auf einige der folgenden Links?

     

    Manfred Weule M.A.

     

    Interview mit dem französischen Rechtswissenschaftler Albert Bougi über die Rechtmäßigkeit der Wahlergebnisse der Elfenbeinküste durch das ivorische Verfassungsgericht - dem er nach internationalem Recht recht gibt und die Wahl Gbagbo's als rechtmäßig ansieht. Er sprciht außerdem über die merkwürdige Rolle, die die UNO in dem ganzen Ablauf einnimmt.

    http://www.facebook.com/profile.php?id=1065394587#!/video/video.php?v=1708057952059&comments

     

    Regisseurin Rahmatou Keitas, Jean Francois Probst u.a. andere afrikanische und französische Intellektuelle über die merkwürdige Art, wie das Ausland sich anmaßt, die Wahlergebenisse in der Elfenbeinküste zu publizieren, zu kommentieren und zu legitimieren und deren Scheinheiligkeit, wenn es um andere Wahlergebnisse (Iran, Ägypten, Palästina) geht, in denen keines der in der Elfenbeinküste "engagierten" Länder auch nur einen dezenten Protest eingelegt hat, wenn ihnen das Wahlergebnis stragisch "passte".

    http://www.dailymotion.com/video/xg1zzb_cote-d-ivoire-d-autres-verites-qui-sonnent-blanche_news

     

    Stellungnahme für die Wahl von Gbagbo durch sozialistische Politiker in Frankreich, warum werden diese Argumente in der Taz nicht berücksichtigt, oder wenigstens erwähnt?

    http://www.facebook.com/profile.php?id=1065394587#!/video/video.php?v=182621405088716&comments

     

    Interview mit den Regisseuren des Dokumentarfilms "Françafrique, 50 années sous le sceau du secret",

    Patrick Benquet und dem Historiker und Spezialisten für Franko-Afrikanische Beziehungen Antoine Glaser über die Verflechtungen Frankreich's in der Afrika-Politik mit Morden, Umstürzen und Beeinflussungen durch Korruption bis zu den aktuellen Ereignissen in der Elfenbeinküste.

    http://www.dailymotion.com/video/xg16am_francafrique-le-documentaire-qui-revele-50-ans-de-secrets_news

     

    Der Lebenslauf von Gbagbo ist unbestritten, sowohl sein unermüdliches Eintreten für die Demokratie (und seine dafür in Kauf genommenen Gefängnisaufenthalte), seine Nähe zur sozialistischen Partei in Frankreich (im Exil), seine Freundschaft zum Herausgeber der "Liberation", seine bemerkenswerten Publikationen zum Thema Demokratie, Freiheitsrechte und afrikanische Geschichte. Alle wichtigen Infos auf http://de.wikipedia.org/wiki/Laurent_Gbagbo

     

    Eine nur kurze Bio über Alansane Ouattara findet sich da auch

    http://de.wikipedia.org/wiki/Alassane_Ouattara

     

    Filmbericht in TV-Nachrichtensender France.24 über die Veröffentlichung des Wahlergebnisses, bei dem ein Vertreter der unabhängigen Wahlkommission erklärt, dass diese über diese Pressekonferenz nicht informiert war und der Sprecher nicht autorisiert ist.

    http://www.youtube.com/watch?v=K_0MaWRY_r8

  • DP
    Daniel Preissler

    dich kann man echt nicht ernst nehmen, Gunnar!

  • GS
    Gunnar Sturm

    Die Wahlen wurden zugunsten Ouattara manipuliert. Es gibt eindeutige Beweise.

    ABER:

    Die Elfenbeinküste wird gerade mit Hilfe von UNO und Vorreiter Ex-Kolonialmacht Frankreich in einen Krieg getrieben! Die Medienschlacht tobt, falsche Nachrichten, lancierte Gerüchte - so hat man auch den Irak "vorbereitet"! Wer sich abseits der von Frankreich lancierten Nachrichten informieren will: Ivoir Leaks.......

     

    Es wird einen Völkermord geben. Und keiner sieht hin, und die Geschichte lehrt uns: ....keiner hat es gewusst!

  • GS
    Gunnar Sturm

    Das stimmt doch gar nicht!

     

    Aus der FAZ:

     

    „Vor Ende der Woche“ müsse Gbagbo die Elfenbeinküste verlassen, sagte Sarkozy nach dem EU-Gipfel in Brüssel.

     

    Er soll also nicht nur zurücktreten, sondern auch noch das Land verlassen.

    Wenn Gbagbo weg ist, dann haben Sarkozy und seine Marionetten freie Bahn.