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Nach dem Volksentscheid in BayernAnti-Rauch-Gesetz für alle gefordert

Die Bayern haben entschieden: Rauchen in Gaststätten ist im Freistaat künftig absolut tabu. Jetzt kommen die anderen Bundesländer und der Bund unter Druck.

Kein richtiges Alleinstellungsmerkmal mehr. Bild: dpa

MÜNCHEN/BERLIN dpa | Nach dem Volksentscheid für ein striktes Rauchverbot in der bayerischen Gastronomie fordern die Initiatoren ein bundesweites Verbot. "Das Volk hat in Bayern so eindeutig gesprochen mit 61 Prozent, dass es auch deutschlandweit so sprechen würde", sagte der Sprecher des Aktionsbündnisses Nichtraucherschutz, Sebastian Frankenberger, am Montag in München. Er hoffe deshalb auf die Bundespolitik - diese könne den Nichtraucherschutz "sehr einfach" über den Arbeitsschutz regeln und damit auch in anderen Bundesländern für ein ausnahmsloses Rauchverbot in der Gastronomie sorgen.

Konkrete Bemühungen für Initiativen mit dem Ziel Rauchverbot gebe es bereits in Hamburg und Berlin sagte Frankenberger. In Nordrhein-Westfalen gebe es zwar auch erste Überlegungen, dort wolle man aber zunächst die Koalitionsverhandlungen von SPD und Grünen abwarten. Auch er selbst wolle sich an den Initiativen beteiligen. "Wir sehen uns wieder, wenn Deutschland rauchfrei ist und endlich Deutschland aufatmet", sagte Frankenberger.

Auch Vizepräsident Ernst-Günther Krause von der Nichtraucher-Initiative Deutschland (NID) sagte: "Mit der deutschen Kleinstaaterei beim Gesundheitsschutz muss endlich Schluss sein". Es könne doch nicht angehen, dass es in Deutschland 16 verschiedene Gesetze zum Nichtraucherschutz gebe, sagte Krause in München. Er appellierte an die politisch Verantwortlichen in den anderen Bundesländern, dem bayerischen Beispiel zu folgen und ebenfalls in der endlosen Raucherdebatte reinen Tisch zu machen. Andernfalls werde das Thema noch auf Jahre für Zwist sorgen, warnte Krause.

Für eine bundeseinheitliche Lösung macht sich auch mecklenburg-vorpommersche Sozialstaatssekretär Nikolaus Voss (SPD) stark. "Der jetzige Flickenteppich ist alles andere als zeitgemäß und entspricht nicht den gesundheitspolitischen Erfordernissen", sagte Voss am Montag in Schwerin. Unabhängig davon werde die Wirkung des in Mecklenburg-Vorpommern geltenden Gesetzes kontinuierlich beobachtet. Änderungen zur Verbesserung des Nichtraucherschutzes seien nicht ausgeschlossen.

Die Anti-Raucher-Initiativen in Berlin planen dagegen nach dem Erfolg in Bayern keine ähnliche Aktion. "In Berlin sind die Hürden ungleich höher", sagte Wolfgang Behrens vom Nichtraucherbund Berlin-Brandenburg. Außerdem gebe es viel mehr Raucher. Man setze weiter auf Aufklärung über die Gefahren des Rauchens und fordere ein allgemeines Rauchverbot vom Senat. Der Nichtraucherbund überlege zur Zeit nur, eine Volksinitiative zu starten.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) zeigte sich nach dem Bürgervotum "hochzufrieden". Das Thema sei nach fünf Jahren Hin und Her "sauber befriedet" worden, sagte Seehofer der Süddeutschen Zeitung. Das Volk habe gesprochen. Beim Vollzug des neuen Gesetzes erwarte er keine größeren Probleme.

Mit dem Volksentscheid vom Sonntag führt Bayern als erstes Bundesland ein striktes Rauchverbot in der Gastronomie ein. 61 Prozent der Wähler stimmten dafür, das Qualmen in Gaststätten, Kneipen und Bierzelten ausnahmslos zu verbieten. Das Gesetz tritt am 1. August in Kraft. "Dass wir so klar gewinnen, hat uns alle schon ein bisschen überrascht", sagte Sprecher des Aktionsbündnisses Nichtraucherschutz Frankenberger im Deutschlandfunk. "Wir sind wahnsinnig stolz auf das bayerische Volk." Frankenberger ist auch stellvertretender Landesgeschäftsführer der bayerischen konservativen Umweltpartei ÖDP, die den Volksentscheid auf den Weg gebracht hatte.

Die neue bayerische Rechtslage sei eine gute Basis für das Motto "leben und leben lassen", sagte Krause. Denn schließlich werde das Rauchen nicht verboten, sondern nur ins Freie verlagert.

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12 Kommentare

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  • K
    Kalle

    na toll! Dann werde ich als Nichtraucher nach spätestens einer dreiviertel Stunde eines gemeinsamen Abends mit Freunden wieder allein am Tisch unserer Lieblingskneipe sitzen und neidvoll durchs Fenster schauen: Wenn ich nur auch Rauch würde, dann könnte ich nun auch da draußen stehen und mich angeregt unterhalten. Natürlich gehe ich dann auch nach draußen, was soll ich auch allein mit ein paar weiteren Nichtraucher-Schnarchnasen im großen Schankraum. Oder im Winter, da zwängen sich alle in so einen winzigen, muffigen Raum und feiern die beste Party. Super... Und ehe ich mich versehe beteilige ich mich an Schwachsinnsdiskussionen übers Rauchen anstatt auf die wirklichen Schweinereien aufmerksam zu machen!

  • M
    MollyGrue

    Leser GonZoo! Vielen Dank für deinen Beitrag. Es behauptete schon vor zig Jahren ein Herr Süverkrup (wer ist Süverkrup), wer nicht raucht, sei ein Faschist.

    Aber das ist nun einmal typisches Suchtverhalten.

     

    Eine neueste umfangreiche Studie belegt:

    "Speziell wurde die Genaktivität von Rauchern untersucht und konnten dabei 323 Gene identifizieren werden, die in direktem Zusammenhang mit dem Rauchverhalten stehen. Dabei sind nicht nur einzelne Gene betroffen, sondern auch ganze Gengruppen.Das Immunsystem wird offenbar am stärksten in Mitleidenschaft gezogen. Das Rauchen stört viele verschiedene Gene in ihrer Funktion, die wichtig für die Abwehr von Krankheitserregern sind. Dagegen begünstigt es viele Prozesse, die an der Entstehung von Krebs beteiligt sind. Die Forscher kommen daher zu dem Schluss, dass der Zigarettenkonsum einen weitaus größeren Einfluss auf die Gesundheit des Rauchers hat als bisher angenommen."

  • L
    Lucanus

    @Blacky

     

    zum Ersten wurde im Artikel die Beteiligung von 37% durchaus genannt - hier geht also Deine Kritik ins Leere. Zum Zweiten ist demjenigen, der nicht zur Abstimmung geht das Thema wohl egal und insofern ist das Ergebnis von 61% doch ein sehr gutes und auch auf den größeren Rahmen des Bundes gedanklich übertragbar. Und wenn zum Dritten das wirklich ein Argument wäre, dann würde wohl Deutschland nie wieder etwas anderes als die große Koalition kriegen, denn ich kann mich nicht wirklich entsinnen, dass in den letzten Jahren irgendwann eine Wahl stattgefunden hätte, bei welcher eine andere Konstellation unter Berücksichtigung der Wahlbeteiligung mindestens 50% der wahlberechtigten Bevölkerung hinter sich vereint hätte. Dann könnte man das Wählen auch ganz lassen - oder wie früher einfach 98,95% Zustimmung vermelden ;)

  • W
    witzig

    at GonZoo:

    Sie haben durch die letzten Absätze, ihren ersten beiden Absätzen die Ironie genommen. Es geht soweit das Sie diese Thesen sogar selber belegen.

    Die größten Kritiker der Elche.....

  • H
    Huber

    63,3 % haben nicht abgestimmt. Viele besuchen natürlich auch nur selten Gaststätten. Sie dennoch zu gewinnen, hatten rauchende und nichtrauchende Gaststättenfreunde genug Gelegenheiten. Sie versuchten dies z.T. hoch emotional. Aber nun ist das Spiel in Bayern endgültig abgepfiffen.

     

    Die Mindestteilnahme an der Wahl ist gesetzlich geregelt. Unwichtig daher die absoluten Zahlen von 16,7% gegen Nichtraucherschutz und 23% dafür. Zurecht stehen die Anteile der Wahlteilnehmer im Mittelpunkt: 39% gegen und 61% für Nichtraucherschutz in Gaststätten. Das ist deutlich.

  • HT
    Huber Tus

    Ich mag es nicht, wenn der Staat alles reglementiert. Es gehört auch die Freiheit dazu sich selbst zu schaden. Leider ist es den Beteiligten nicht gelungen, ohne Gesetz eine Lösung zu finden. Ein(e) MitarbeiterIn in der Gastronomie, die gesundheitliche Probleme durch die rauchenden Gäste bekommt, musste bisher den Job aufgeben, oder die Gefahr auf sich nehmen ihre Gesundheit zu ruinieren. So gesehen war die Entscheidung am Sonntag richtig. Übrigens....die Wahlbeteiligung zeigte einmal mehr wie schnurzegal der Mehrheit diese Entscheidung war. Jetzt scheint es so, als ob 99% zur Wahl gegangen wären.

  • MM
    mit Majo

    Die Wahlbeteiligung fiel mit 37,7 Prozent überraschend gering aus. Davon haben dann 61 % für ein Rauchverbot gestimmt. Wirklich eine überwältigende Mehrheit in Bayern. So kann man Verbote natürlich auch beschließen, wenn zu Volksentscheiden keiner hingeht. Übrigens Abgeordnete haben bei Gesetzesabstimmungen Anwesenheitspflicht, soviel zu Volksentscheiden.

  • G
    GonZoo

    Wenn man sich die Online-Umfragen beim Focus, bei der taz, dem Stern und vielen weiteren ansieht stellt man erstaunt eines fest: sie ähneln sich, obwohl die Leser dieser Onlineblätter bestimmt nicht identisch sind. Egal in welche Umfragen man hineinsieht, das Ergebnis ist immer etwa so wie bei der bayerischen Volksabstimmung: circa 50-60% sind dafür, es wie in Bayern zu handhaben. Nur 20-30% sind dagegen.

  • W
    willy

    "Es könne doch nicht angehen, dass es in Deutschland 16 verschiedene Gesetze zum Nichtraucherschutz gebe, sagte Krause in München"

     

    Dann Herr Krause seien Sie doch so konsequent und fordern die Einführung eines Zenralstaates! Bundesländer abschaffen!

     

    Oder soll am bayrischen Wesen Deutschland genesen? Nein Danke!

     

    Es gibt wohl in Deutschland in sehr, sehr vielen Bereichen 16 verschiedene Gesetze.

     

    Regen Sie sich darüber auch auf? Oder kämpfen Sie gerne nur auf Nebenschauplätzen?

  • HD
    Hans Dieter Schmidt

    Da kommt ein klares Gesetz aus Berlin , wird in 16 Bundesländern umgeschneidert um jetzt über Volksentscheide dem Ursprung zurückgeführt werden soll.

    Vielleicht sollte man lieber über die Abschaffung des Föderalismus abstimmen.Das macht dann vieles leichter und kostengünstiger.

  • B
    Blacky

    Nun denn, aber wie war denn die Wahlbeteiligung? Wäre es nicht korrekt, die Wahlbeteiligung anzugeben? Ich habe von 38% gehört. Und davon dann 61%, ist doch nicht mehr so glanzvoll. Sicher, wer nicht wählen geht, muss damit leben, was andere, eifrigere für ihn bestimmen. Für mich gilt immer noch, lass den Wirt bestimmen, er ist der Hausherr. Aber es geht wohl darum, das "gemeine Volk" zu belehren und zu bekehren, und ihm Verbote zu erteilen. Ein Braunkohlekraftwerk hat wohl mehr schadenstiftende Abgase als alle Raucher von NRW. Und die andere Industrie legt sich auch keinen Zwang auf. Aber man hat ja jetzt den Schuldigen für Luftverschmutzung, den Raucher. Was ein Glück für die anderen.

  • G
    GonZoo

    Ich bin ein Ökofaschist, ein kleinbürgerlicher, puritanischer Spießer, der anderen gerne Vorschriften macht, intolerant und fanatisch seine Meinung vertritt und anderen den Spaß vermiesen will.

     

    Solchen und ähnlichen hirnlosen Quark werde ich mir jetzt anhören müssen, denn ich bin strikt gegen das Rauchen und sehe das bayerische Rauchverbot nur als allerersten Schritt, um das Rauchen ganz und gar abzuschaffen.

     

    Statt sich über einen gut organisierten und erfolgreichen Volksentscheid und einen bemerkenswerten Sieg über den Lobbyismus zu freuen geht im linken Lager nun ein Aufschrei durch, denn die entsetzliche Aussicht, zum Rauchen drei Minuten vor die Tür gehen zu müssen ist ein Rückfall in das Kaiserreich! Wir werden bestimmt bald alle Raucher wieder ins KZ schicken, nicht wahr?

     

    Leute, habt Ihr eigentlich noch alle Tassen im Schrank?

     

    Wollt Ihr tatsächlich den Beweis antreten, daß Rauchen nicht nur abhängig macht sondern auch persönlichkeitsverändernd wirkt? Dann macht nur so weiter, beschimpft diejenigen, die von Eurer "Toleranz" und Eurer "Rücksichtnahme" schon lange die Nase, die Lungen und die Klamotten voll haben.