Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts: Herdprämie ist doch noch für was gut
50 Millionen Euro aus frei werdenden Bundesmitteln könnten in den Berliner Landeshaushalt fließen und für eine bessere Kitaausstattung genutzt werden.
Das Betreuungsgeld ist Geschichte, jetzt beginnt das große Feilschen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht am Dienstag die umstrittene Familienleistung als verfassungswidrig erklärt hatte, werden nun jährlich bis 2020 rund eine Milliarde Euro an Bundesmitteln frei.
Eltern, die ihr Kind zwischen dem ersten und dritten Lebensjahr zu Hause betreuen, anstatt es in eine Kita zu geben, konnten bisher 150 Euro im Monat beantragen. In Berlin nutzten dieses Angebot laut der zuständigen Senatsverwaltung rund 7.000 Familien, bundesweit waren es rund 455.000. Die frei werdenden Betreuungsgeldmillionen könnte nun an die Länder gehen – wenn die Bundesregierung sich nach der Sommerpause so entscheidet.
Beim Senat hat man schon den Taschenrechner gezückt: „Berlin könnte mit etwa 50 Millionen Euro pro Jahr rechnen“, sagte ein Sprecher der Senatsbildungsverwaltung zur taz. Als Berechnungsgrundlage habe man den sogenannten Königsteiner Schlüssel verwendet, der anhand von Steueraufkommen und Bevölkerungszahlen festlegt, wie die Länder an gemeinsamen Finanzierungen mit dem Bund beteiligt werden müssen. Die Grünen kommen auf ein ähnliches Ergebnis, sie sprechen von 45 Millionen. „Dafür muss sich der Senat einsetzen“, sagte Marianne Burkert-Eulitz, die familienpolitische Sprecherin.
Auch die ersten Begehrlichkeiten, wofür man die frei werdenden Millionen konkret einsetzen könnte, wurden bereits angemeldet. Man solle das Geld in den Ausbau von Kitaplätzen, vor allem aber in die Verbesserung der Betreuungsqualität dort investieren, hieß es aus der Senatsbildungsverwaltung. Linke und Grüne äußerten sich ähnlich. Auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte, Ziel müsse es sein, „die Qualität der Angebote weiter zu verbessern“.
Will heißen: mehr Personal, ein besserer Betreuungsschlüssel. Das ist nötig: Derzeit ist Berlin bundesweit Schlusslicht bei der Betreuung der unter Dreijährigen. Fast sieben Kinder kommen auf eine BetreuerIn. Experten empfehlen maximal drei Kinder pro ErzieherIn.
Aus Neukölln kommt zudem die Forderung nach mehr Geld für die ErzieherInnen. „Derzeit fehlen im Bezirk rund 1.000 Kitaplätze – aber nicht, weil wir keinen Raum haben, sondern weil die Erzieher fehlen“, so Jugendstadtrat Falko Liecke zur taz. Liecke schwebt eine „Brennpunktzulage“ vor, die Neukölln für ErzieherInnen attraktiver machen soll. „Ich höre immer wieder, dass Bewerber abspringen, wenn sie anderswo eine Stelle angeboten bekommen.“
50 Millionen Euro wären eine Stange Geld für die Kitas. Zum Vergleich: Im laufenden Jahr beträgt das Haushaltsvolumen für den Kitaplatzausbau etwa die Hälfte.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Nach der Sicherheitskonferenz
Expressverbindung von München nach Paris