Nach dem Rückzug Lafontaines: Linke Gedankenspiele
Nachdem Lafontaine seinen Rückzug verkündet hat, will die Linkspartei seine Nachfolge schnell regeln. Die SPD-Linke denkt derweilen schon über Rot-Rote Bündnisse im Bund nach.
BERLIN dpa | Die Linkspartei will nach dem Rückzug ihres Vorsitzenden Oskar Lafontaine die Nachfolgefrage zügig regeln. Nach Presseberichten will sich Fraktionschef Gregor Gysi schon an diesem Montag mit den Landesvorsitzenden der Partei treffen, um eine Lösung für den Parteivorsitz zu finden. Dieser muss beim Parteitag im Mai in Rostock neu besetzt werden.
Lafontaine hatte am Samstag angekündigt, aus gesundheitlichen Gründen nicht wieder für den Vorsitz zu kandidieren und auch sein Bundestagsmandat aufzugeben. Er will sich nun auf seine Arbeit als Fraktionschef im Saarland konzentrieren. Lafontaine ist an Krebs erkrankt.
Der Vorsitzende der Linksfraktion im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, plädierte am Sonntag im Deutschlandfunk für eine doppelte Quotierung in der Parteiführung. Es täte der Linken gut, eine Spitze aus einem Mann und einer Frau zu haben, von denen eine Person aus dem Osten und eine aus dem West kommt. Ramelow brachte dabei die Namen der drei direkt gewählten Bundestagsabgeordneten Gesine Lötzsch, Petra Pau und Dagmar Enkelmann ins Gespräch.
Bei den anderen Parteien sorgte die Rückzugsankündigung Lafontaines für unterschiedliche Reaktionen. So zeigte sich die SPD-Linke aufgeschlossener für ein rot-rotes Bündnis auf Bundesebene. "Viele Politiker innerhalb der Linkspartei sind schon heute verlässliche Partner für Sozialdemokraten in den Ländern und wichtige Ansprechpartner im Bund", sagte der stellvertretende Sprecher der SPD-Linken, Niels Annen, der Online-Ausgabe des Handelsblatts. "Ob es in den nächsten Jahren eine Chance auf eine rot-rote Mehrheit geben kann, wird die Linke nun zu entscheiden haben." Führende SPD-Politiker hatten ein rot-rotes Bündnis auf Bundesebene bislang unter anderem wegen Lafontaine ausgeschlossen.
Der Parteienforscher Peter Lösche sieht nun ebenfalls größere Chancen für rot-rote Bündnisse. "Die persönlichen Verletzungen zwischen Lafontaine und der SPD-Spitze sind nie vernarbt. Sein Rückzug macht Kooperationen für die SPD leichter", erklärte er am Sonntag. "Ohne Lafontaine kann sich das linke Lager aus SPD, Grünen und Linkspartei festigen. Dann wird es für Schwarz-Gelb schwerer, Wahlen zu gewinnen."
Der CSU-Chef Horst Seehofer sagte der Linkspartei indes ein Scheitern im Westen voraus. "Mit seinem Abgang wird die Linkspartei wieder das, was sie vor Lafontaine war: SED-Nachfolger und reine Ostpartei", so Seehofer gegenüber der Bild am Sonntag.
Der Parteienforscher Jürgen Falter sagte der selben Zeitung, nur Fraktionschef Gregor Gysi könne jetzt die Linkspartei zusammenhalten. "Aus dem Westen gibt es niemanden, der Lafontaine als Parteichef ersetzen kann. Gysi muss die Partei zusammenhalten. Er ist der einzige, der das kann, weil er im Osten wie im Westen als Vorsitzender respektiert werden würde." Ohne Lafontaine werde die Linke im Westen Stimmen verlieren. Die SPD könne nun aufatmen: "Lafontaine ist die Person, die ihr am meisten geschadet hat."
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