Nach dem Fall Büge: SPD will keine schnellen Wechsel

Wer von einem Regierungsamt in die Wirtschaft wechseln will, soll ein Jahr Pause machen, fordert der SPD-Rechtsexperte Sven Kohlmeier.

Geht es nach der SPD, lässt einen das Rote Rathaus nicht so schnell gehen. Bild: Berlin Partner/FTB

Raus aus der Politik, rein ins Unternehmen? Die SPD möchte das nun erschweren. Die Berliner Sozialdemokraten sind offen für ein Gesetz, das den schnellen Wechsel aus der Politik in die Wirtschaft verbietet. „Ich kann mir eine Karenzzeitregelung von einem Jahr vorstellen“, sagt Sven Kohlmeier, rechtspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.

Zuletzt sorgte der Fall von Exkanzleramtschef Ronald Pofalla für Aufsehen, der in den Vorstand der Bahn wechseln möchte. Auf Landesebene ist der CDU-Politiker Michael Büge betroffen. Vor neun Monaten wurde er als Staatssekretär für Soziales gefeuert, weil er die Mitgliedschaft in der rechten Burschenschaft Gothia nicht aufgeben wollte. Jetzt hat er einen neuen Job als Geschäftsführer der Bürgerhilfe, die mit ihren rund 90 Mitarbeitern betreutes Wohnen für Obdachlose bietet. Über die Höhe des Zuschusses für die Bürgerhilfe entscheidet Büges alter Arbeitgeber, die Sozialverwaltung.

Wenn es allerdings eine Karenzzeit für einen neuen Job gibt, „dann müssen wir aber auch über Übergangsgelder reden“, meint Sven Kohlmeier. Es dürfe ja nicht sein, dass jemand durch das befristete Arbeitsverbot „auf Hartz-IV-Niveau abfällt“.

Relevant ist die Frage auch für André Schmitz: Der ehemalige Kulturstaatssekretär erhält kein Übergangsgeld. Nachdem er als Steuersünder enttarnt wurde, hatte Schmitz um Entbindung von seinen Aufgaben gebeten. Der Senat hat dies als Bitte um Entlassung interpretiert. Übergangsgeld hätte Schmitz nur bekommen, wenn er ohne eigenen Antrag entlassen worden wäre.

Derzeit gibt es keine Karenz-Regelung. Jeder entlassene oder zurückgetretene Senator oder Staatssekretär kann arbeiten, wann und wo er will. Die Organisation Lobbycontrol fordert eine dreijährige Karenzzeit, wenn Politiker in die Wirtschaft wechseln und an ihrem neuen Job für Kontakte zu ihrer vorherigen Regierung zuständig sind. Auch die Grünen hatten Büges neuen Job kritisiert. „Das sieht nach einer Interessenkollision aus“, sagte der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Dirk Behrendt.

Apropos Dirk Behrendt, sagt Sven Kohlmeier. „Der war Richter, bevor er ins Parlament kam, und sitzt jetzt im Richterwahlausschuss. Ist das nicht ebenfalls eine Interessenkollision?“ Kann Behrendt, falls er nicht wiedergewählt wird, wieder als Richter arbeiten, fragt Kohlmeier, oder „braucht es dann nicht auch eine Karenzzeit?“

Nein, meint Dirk Behrendt, das könne man nicht vergleichen. Denn während die Verwaltung zu Unabhängigkeit ist, darf ein Parlamentarier parteiisch sein. „Da reicht Transparenz“, meint Behrendt. „Und bei denjenigen, die in ihren angestammten Beruf zurückkehren, ist das sowieso unproblematischer.“

SEBASTIAN HEISER

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.