piwik no script img

Nach US-Urteil zu Stammzell-ForschungObama will weiter fördern

Ein US-Gericht hat die staatliche Förderung der umstrittenen Stammzell-Forschung untersagt. Obamas Regierung will dagegen klagen – und die Wissenschaftler weiter unterstützen.

Arbeit unter "Reinraum-Bedingungen": Infarkt-Forscher im Stammzelllabor des Instituts für Transfusionsmedizin in Suhl. Bild: dpa

Die US-Regierung wird gegen das Gerichtsurteil angehen, das die von Präsident Barack Obama gelockerten Regelungen zur embryonalen Stammzellforschung blockiert. Voraussichtlich noch diese Woche werde Berufung eingelegt, kündigte ein Sprecher des Justizministeriums an. Die Regierung werde auch beantragen, dass die Entscheidung des Washingtoner Gerichts ausgesetzt werde, solange das Berufungsverfahren läuft. Präsident Obama sehe die Stammzellforschung als "wichtige, lebensrettende Forschung", sagte sein Sprecher Bill Burton.

Streit über die embryonale Stammzellforschung gibt es in den USA schon lange. Unter US-Präsident Georg W. Bush wurde die Forschungsfinanzierung auf Arbeiten mit embryonalen Stammzelllinien eingeschränkt, die vor August 2001 hergestellt sein mussten. Damit sollte verhindert werden, dass weitere Embryonen zur Herstellung der Zelllinien zerstört werden.

Sein Nachfolger, Barack Obama, lockerte gegen den Widerstand vor allem der Lebensschützer am 9. März vergangenen Jahres diese Regelung. Seitdem darf die Bundesbehörde National Institutes of Health (NIH) auch Forscher finanzieren, die mit neueren Zelllinien arbeiten. Derzeit sind bei den NIH insgesamt 75 menschliche embryonale Stammzelllinien registriert, die für eine Förderung infrage kommen. Die Bundesmittel dürfen jedoch nicht für die Herstellung der Zelllinien, bei der die Embryonen zerstört werden, eingesetzt werden.

Dieses Vorgehen verstoße gegen den Willen des Kongresses, urteilte am Montag der Washingtoner Richter Royce Lamberth und versetzte damit die Stammzellforscher in den USA in Aufregung. Mit seiner Eilentscheidung untersagte er der Obama-Regierung, weiterhin Forschungsprojekte mit Bundesmitteln zu unterstützen, in denen mit embryonalen Stammzellen gearbeitet wird.

Seinem Urteil zufolge verstoße die Finanzierung der embryonalen Stammzellforschung gegen das sogenannte Dickey-Wicker Amendment von 1996. Mit diesem Verfassungsanhang verbot der Kongress die Finanzierung von allen Forschungsarbeiten, bei denen Embryonen zerstört werden. An embryonale Stammzellen wurde damals jedoch noch gar nicht gedacht. Denn diese wurden von James Thomson an der Universität von Wisconsin erstmals 1998 hergestellt.

Geklagt gegen die von Obama verabschiedeten Regelungen hatten zwei Stammzellforscher und mehrere christliche Organisationen. Die beiden Stammzellforscher, die nur mit adulten Zelllinien arbeiten, fühlten sich bei der Vergabe der knappen Fördermitteln benachteiligt. Dieses Argument war für den Richter ausschlaggebend, sodass er den sofortigen Vollzug des Finanzierungsstopp anordnete.

Den Forschern würde ein irreparabler Schaden entstehen, wenn die von Obama verabschiedeten Regelungen bis zu einer endgültigen Gerichtsentscheidung weiterhin angewandt werden. Auch sah der Richter es noch nicht als erwiesen an, dass die embryonalen Stammzellen einst als Heilmittel bei schweren Erkrankungen wie zum Beispiel Alzheimer oder Parkinson eingesetzt werden können. Noch sei das Spekulation, heißt es in der Urteilsbegründung.

Nach Angaben des NIH-Direktors Francis Collins könnten zwar trotz dieser richterlichen Entscheidung dutzende Forschungsprojekte weitergeführt werden, weil sie die Fördermittel bereits erhalten haben, die meisten Vorhaben müssten allerdings auf Eis gelegt werden.

Nicht betroffen von dem Urteil sind jedoch Forschungsarbeiten, die von der Wirtschaft oder mit Mitteln der Bundesstaaten finanziert werden. Diese Arbeiten waren auch schon von der Bush-Regelung nicht betroffen. Auch die erste Anwendung von embryonalen Stammzellen am Menschen kann, wie von dem Biotech-Unternehmen Geron vorgesehen, stattfinden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!