Nach Tod von Vizechef: Riegers könnten Geld von NPD fordern

Schwerer Schlag für die NPD: Das Erbe ihres Vizechefs Rieger soll alleine an seine nicht-rechtsradikale Familie gehen. Diese könnte zudem Rückforderungen an die Partei stellen.

"Mit seinem letzten Willen dürfte er seine Partei enttäuscht haben": Jürgen Rieger. Bild: dpa

Die rechtsextreme NPD ist chronisch knapp bei Kasse. Ihr ehemaliger Schatzmeister veruntreute 870.000 Euro, der Partei droht zudem wegen eines falschen Rechenschaftsberichts eine Geldstrafe von 1,2 Millionen Euro. Und jetzt das: Die Rechtsradikalen werden aller Voraussicht nach nichts vom Erbe ihres kürzlich verstorbenen Vizebundeschefs Jürgen Rieger sehen.

Zu dieser Einschätzung kommt das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz. "Wir gehen davon aus, dass das Testament zugunsten der Familie formuliert ist", sagte der stellvertretende Leiter der Behörde, Manfred Murck, am Donnerstag der taz. Die Einschätzung des Verfassungsschützers: Es spreche wenig dafür, dass die Familie mit Riegers Geld und seinen Immobilien die sogenannte nationale Sache der NPD fördern werde.

Zuerst hatte NDR-Info die gute Nachricht verbreitet. Riegers Testament sei Ende vergangener Woche aufgefunden worden. Darin soll der reiche Neonazianwalt festgelegt habe, dass seine Kinder das Vermögen erhalten, berichtete der Radiosender. In dem Testament sei zudem festgeschrieben, dass das Dokument nicht einem Gericht übergeben werden soll.

Der Sozialwissenschaftler und Rechtsextremismusexperte Christian Dornbusch sagte: "Mit seinem letzten Willen dürfte Rieger seine Partei enttäuscht haben." Denn seit Jahren half Rieger der NPD mit großen Geldsummen aus. An die 500.000 Euro soll der 63-Jährige der Partei als Darlehen gegeben haben. Der NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt erklärte noch am Todestag Riegers, dass Rieger als "Unterstützer und Förderer ein Fels in der Brandung unserer stürmischen Zeit" gewesen sei.

"Sein letzter Wille kann die NPD jetzt in finanzielle Bedrängnis bringen, wenn die Familie etwa Darlehensrückforderungen stellt", sagte Dornbusch weiter. Die vier Kinder und Erben von Rieger, die nun über die Hinterlassenschaft entscheiden, stehen der Szene von NPD bis Freie Kameradschaften nicht nahe. Sympathien für die Gesinnung ihres Vaters sollen sie nicht hegen.

Die Rechtsradikalen geben sich offiziell gelassen. Der Pressesprecher der NPD-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern, Peter Marx, sagte: "Von direkten Auswirkungen gehe ich nicht aus." Marx, der lange NPD-Generalsekretär war, erklärte: Rieger habe der NPD nicht nur eigenes Geld zur Verfügung gestellt, sondern auch die Finanzmittel von anderen Darlehensgebern treuhänderisch verwaltet.

"Die NPD redet sich die Situation schön", sagte hingegen Rechtsextremismusexperte Dornbusch. Rieger genoss in seiner fast 40-jährigen Politikkarriere im rechtsradikalen Spektrum das Vertrauen von ehemaligen NSDAP-Mitgliedern. Die vermögenden Altnazis vermachten ihm hohe Summen oder überschrieben ihm Immobilien. Rieger soll auch Kredite von NPD-Sympathisanten für die Partei geregelt haben, die diese Nähe nicht bekannt werden lassen wollen. Er half der NPD oft mit schnellen Darlehen aus, wenn die chronisch klamme Partei von Finanzaffären und -problemen gebeutelt war.

Erleichterung kommt indes bei Stadtverwaltungen auf, mit denen Rieger um Immobilienkäufe oder -nutzungen stritt. Laut NDR-Info hat Rieger für seine Firma Wilhelm Tietjen Stiftung Ltd. keinen Bevollmächtigten eingesetzt. Die Firma und damit ihre Immobilien, das so genannte Schützenhaus im thüringischen Pößneck und der Heisenhof im niedersächsischen Dörverden, ein ehemaliges Bundeswehrgelände, könnten auch den Kindern zufallen. "Über diese Nachricht würden wir uns natürlich freuen", sagte Julia Dünkel, Kulturamtsleiterin in Pößneck.

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