piwik no script img

Nach Sanierung an den StrandOstwärts für ein strahlendes Lächeln

Die Karawane zieht weiter: Wem Polen zu teuer wird, der kann auch nach Bulgarien fahren. Am Goldstrand können sich Besucher auch die Zähne sanieren lassen.

Sveti Konstantin i Elena, Bulgarien Bild: ImagesFromBulgaria

So mancher ist schon einmal auf dem Zahnfleisch gekrochen, doch das bestimmt nicht an den Schwarzmeerstrand Bulgariens. Bislang sind Urlaubsorte wie Albena, Goldstrand und Baltyk vor allem dafür bekannt, dass sich auch weniger betuchte Gäste in akzeptablen Hotels zwei Wochen lang für rund 600 Euro all inclusive jeden Abend ein veritables Besäufnis leisten können. Doch mittlerweile ist eine neue Richtung des Fremdenverkehrs dabei, sich hier dauerhaft zu etablieren: der Zahntourismus.

Ziel der Besucher mit schadhaften Esswerkzeugen, deren Wiederinstandsetzung beispielsweise in Deutschland locker Kosten im fünfstelligen Bereich bedeutet, ist die Dentaprime-Zahnklinik in Sveti Konstantin i Elena, nur wenige Kilometer von Varna entfernt. Die Klinik, im Juni 2006 mit ausländischen Investitionen in Höhe von drei bis fünf Millionen Euro eröffnet, zählt zu den modernsten ihrer Art in Europa. Der zweistöckige Bau, ein ehemaliges Hotel, in Beige- und Brauntönen gehalten und mit verglasten Rotunden, lässt einen eher an ein Luxuswellnesscenter denn an Bohrer und Zange denken. Im vergangenen Juni erhielt die Klinik die Zertifizierung für Qualitätsmanagement vom TÜV Nord - ein Gütesiegel, das nicht viele Einrichtungen vorweisen können

Im halbrunden hellen Foyer, das mit beigen und roten Ledersofas ausgestattet ist, werden die wartenden Patienten, deren Urlaubsstimmung einer gewissen Nervosität gewichen ist, mit Kaffee, Tee oder Mineralwasser versorgt. Auch wenn die Sprachfähigkeit mancher ob der Behandlung ohnehin etwas eingeschränkt ist - Angst, nicht verstanden zu werden, muss niemand haben. Jeder der Angestellten spricht außer Bulgarisch mindestens zwei Fremdsprachen.

Geleitet wird die Klinik von Regina Schindjalowa. Die 37-jährige, hochgewachsene, schlanke Russin aus Saratow ist Fachärztin für Implantologie, hat an einem Aachener Klinikum in der Abteilung für Kiefer- und Gesichtschirurgie hospitiert und ist seit zweieinhalb Jahren für Dentaprime tätig. Wenn es sein muss, arbeitet sie mit ihrem Team von vier Ärzten, sieben Assistenten und acht Zahntechnikern zehn bis zwölf Stunden am Tag. Seit der Eröffnung der Klinik wurden hier bereits rund tausend Patienten behandelt. Oft könnten gar nicht alle Anfragen bewältigt werden. Zwar könne die Klinik räumlich noch weiter ausgelastet werden, doch geeignetes gut ausgebildetes Fachpersonal zu finden sei schwer. „Und das, obwohl die Angestellten hier wesentlich mehr verdienen als im Landesdurchschnitt“, sagt die Ärztin.

Schindjalowa führt durch die einzelnen Behandlungsräume. Die hochmoderne Technik stammt aus Westeuropa, auch die verwendeten Materialien kommen ausschließlich von dort. Es kämen sehr viele interessante Fälle hierher und man könne den Menschen besser helfen, sagt Schindjalowa.

Lauschiges Plätzchen zum Ausruhen: Goldstrand, Bulgarien Bild: Chicho Ficho

Besonders stolz sind sie und ihre Mitarbeiter auf ihren digitalen Volumentomographen Newtom 3G, der 350.000 Euro kostet und in nur wenigen Zahnkliniken zu finden ist. Während normale Röntgenbilder nur eine Ebene abbilden, liefert dieses Gerät dreidimensionale Bilder des Kieferknochens und damit, so Schindjalowa, unerlässliche Informationen, um Implantate präzise einsetzen zu können. „Hier“, sagt sie und zeigt auf den Bildschirm. „Bei diesem Patienten war die Kieferhöhle entzündet, obwohl er gar nichts davon gemerkt hat. Da können wir die Behandlung nicht gleich durchführen, weil die Entzündung erst ausheilen muss.“

Das Setzen von Implantaten gehört zu den komplizierteren Eingriffen bei Dentaprime, zumal wenn vorher erst noch der Knochen aufgebaut werden muss - ebenfalls eine Spezialität von Regina Schindjalowa. In derartigen Fällen reicht ein Aufenthalt des Patienten nicht aus, und man muss zweimal anreisen. „Natürlich passieren auch Fehler, aber das gehört zum Behandlungsrisiko“, sagt Schindjalowa. Rund fünf Prozent der Implantate würden nicht anwachsen. Jedoch erhalte jeder Patient von Dentaprime zwei Jahre Garantie auf Zahnersatz.

ZAHNTOURISMUS

Niedrige Löhne und geringere Laborkosten machen es möglich: Zahnersatz ist vor allem im osteuropäischen Ausland bis zu 70 Prozent günstiger als in Deutschland. Was aber ist mit der Qualität? Gehen Patienten im Ausland ein höheres Risiko ein? Krankenkassen und Verbraucherberatungen beruhigen: Eine Behandlung im europäischen Ausland entspreche grundsätzlich den gleichen Standards wie in Deutschland. Voraussetzung sei die Suche nach einem guten Arzt. Als empfehlenswert gelten Praxen, die mit Partnern in Deutschland zusammenarbeiten, sodass eine erneute Auslandsreise für eine Nachbehandlung nicht notwendig ist.

Unschöne Zahnlücken werden nicht nur mit Implantaten aufgefüllt. Gebisse werden mit Vollkeramikkronen und -brücken ausgebessert, stark verfärbte Zähne mit Keramikverblendschalen, sogenannten Veneers, wieder präsentabel gemacht. Auch Parodontitis, die todsicher zum Zahnausfall führt und bei einem Drittel der über 60-Jährigen in Deutschland auftritt, wird in der Klinik behandelt. Und für Angstpatienten, die noch vor der Praxistür beidrehen, gibt es die Möglichkeit einer Vollnarkose.

Die Kostenersparnis im Vergleich zu Deutschland ist immens. Zahlt ein Patient für sechs Implantate, drei Vollkeramikkronen und drei Keramikinlays zu Hause insgesamt 14.750 Euro, stellt ihm Dentaprime dafür 7.100 Euro in Rechnung. Zwölf Veneers, drei Keramikinlays und drei Vollkeramikkronen, die in Deutschland mit 17.347 Euro zu Buche schlagen, sind in Sveti Konstantin i Elena für 5.000 Euro zu haben. Da Bulgarien mittlerweile Mitglied der Europäischen Union ist, können Patienten für ihre Zahnbehandlung im Ausland zudem die Festzuschüsse der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen. Und mussten im Ausland Behandelte früher für die Nachsorge in ihrem Heimatland mitunter so richtig tief in die Tasche greifen, können sich Dentaprime-Klienten zu Hause an einen Partnerzahnarzt der Klinik wenden. Bundesweit gibt es inzwischen rund 30 Mediziner, die mit Dentaprime zusammenarbeiten.

Sieglinde Histing aus Gersheim im Saarland ist bereits zum dritten Mal in der Dentaprime-Klinik. Die Finanzangestellte brauchte eine Teleskopbrücke und fünf Implantate, zudem war auch noch ein Knochenaufbau notwendig. Alles in allem hätte sie dafür in Deutschland rund 12.000 Euro auf den Tisch legen müssen. Jetzt beläuft sich die Rechnung auf 5.500 Euro. Davon übernimmt die Krankenkasse 1.300 Euro. „Die Reaktion meiner Bekannten war zunächst durchweg negativ. Sie sagten mir, dass sie nicht den Mut gehabt hätten, sich in Bulgarien die Zähne machen zu lassen“, erzählt Sieglinde Histing.

Sie jedoch ist der Meinung, eine gute Entscheidung getroffen zu haben. „Die Klinikleiterin ist eine super Handwerkerin. Ich habe mich durchweg gut behandelt und betreut gefühlt“, betont sie. Ihre einzige Kritik: Einige der Angestellten sprächen nicht ausreichend Deutsch. Ihr Mann jedenfalls hat sich überzeugen lassen: Er lässt sich in der Dentaprime-Klinik eine neue Krone anfertigen. Wahrscheinlich wird er etwas länger auf einen Termin warten müssen. Denn die Zahl der Behandlungsanfragen steigt ständig. Doch nicht nur mit dem Ergebnis ihrer Zahnbehandlung ist Sieglinde Histing zufrieden. Während ihres zweiwöchigen Aufenthaltes am Schwarzen Meer habe sie sich sehr gut erholt. Braun gebrannt fuhr sie nach Hause.

Diese Reise erfolgte auf Einladung von Dentaprime, www.dentaprime.com

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!