Nach Revolte und Putsch bleibt in Ecuador alles beim Alten: Sieg der Bereicherungsdemokratie
Ecuadors politische Elite hat sich wieder einmal gerettet. Nach Indígena-Aufruhr, Revolte und Putschversuch hat sich schließlich – nicht zuletzt unter dem Druck der USA, die auf die verfassungsmäßige Ordnung bestanden – das Militär wieder auf die Seite geschlagen, auf der es schon immer stand. Mit der Vereidigung des bisherigen Vizepräsidenten Gustavo Noboa vor ranghohen Offizieren ist aus einer Situation, die sich anschickte, das eingefahrene politische System des Landes grundsätzlich infrage zu stellen, lediglich die Übernahme des Präsidentenamtes durch seinen Stellvertreter geworden. Der versichert gleich, es werde sich an der Politik seines Vorgängers nichts ändern. Das ist glaubwürdig.
Und es passt zu der unglaublichen Ignoranz, die Ecuadors Politiker an den Tag legen, wenn es um die Belange der Bevölkerung geht. Den „Bereicherungsdiktaturen“ sind nur zu oft Bereicherungsdemokratien gefolgt. Ecuador, wo sich seit Jahren kaum unterscheidbare Parteien an der Macht abwechseln, ist dafür ein Musterbeispiel – die gerade abgewählte argentinische Regierung unter Carlos Menem, der unverhohlen korrupte Präsident Nicaraguas, Arnoldo Aleman, der senile Exdiktator und Präsident Boliviens, Hugo Banzer, setzen die Liste fort.
So wird die Demokratisierung der 80er-Jahre, die Lateinamerika aus den Militärherrschaften zu neuer Zivilität führte, von den zivilen Politikern ad absurdum geführt. In Ecuador waren es in der jüngsten Krise bereits wieder die Militärs, die offen als einzig verbliebene Ordnungsmacht auftraten. Und die internationale Gemeinschaft unterstützt diese Tendenz noch, indem sie in entwicklungspolitischen Sonntagsreden zwar auf dem Kriterium der „guten Regierungsführung“ besteht, gleichzeitig aber wirtschaftliche Reformen erzwingt, die genau jene begünstigen, die gern in die eigene Tasche wirtschaften.
Zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren ist in Ecuador ein amtierender Präsident abgesetzt worden – der erste, Abdalá Bucarám, wurde 1997 wegen „geistiger Unzurechnungsfähigkeit“ aus dem Amt gejagt, der zweite, Jamil Mahuad, musste jetzt seinen Hut nehmen. Beide Präsidenten stürzten über Volksbewegungen, beide Male aber war es die ökonomisch-politische Herrschaftsklasse Ecuadors, die vom Präsidentenwechsel profitierte. Geneppt ist wieder einmal die Indígena-Bewegung. Sie wird weiter protestieren – und zur Not gewaltsam unterdrückt werden. Ganz im Rahmen der Verfassung, versteht sich. Bernd Pickert
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