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Nach Massaker auf SüdphilippinenOffensive gegen Familienclan

Zwei Wochen nach dem bislang wohl schwersten politisch motivierten Massaker geht die Regierung in der Provinz Maguindanao gegen den dort mächtigsten Clan vor.

Waffenlager auf einem Grundstück des Ampatuan-Clans. Bild: dpa

BANGKOK taz | Die Aktionen vom Wochenende glichen denen einer Großoffensive: Nachdem die philippinische Präsidentin Gloria Arroyo in der Nacht zu Samstag das Kriegsrecht in der südlichen Provinz Maguindanao verhängt hatte, gingen tausende Soldaten mit Panzern, Kampfflugzeugen und Straßenblockaden gegen die Ampatuan-Familie vor - den mächtigsten Clan der Provinz. Mindestens zwei Waffenlager waren auf Grundstücken entdeckt worden, die dem bisherigen Gouverneur der Provinz, Clan-Chef Andal Ampatuan Senior, gehören. Der Patriarch war gemeinsam mit weiteren Angehörigen sowie Dutzenden Kämpfern der familieneigenen Miliz festgenommen worden. Einer seiner der Söhne sitzt bereits seit Ende November in Haft.

Justizministerin Agnes Devanadera begründete die Entscheidung Arroyos damit, dass der Ampatuan-Clan einen Aufstand plane. Die Verantwortlichen müssten sich demnach auch noch wegen Rebellion verantworten - unabhängig von Mordanklagen im Zusammenhang mit dem Massaker vom 23. November. Hauptverdächtiger des besagten Massakers ist Clan-Sprössling Andal Ampatuan Junior. Gegen diesen läuft eine Anklage wegen Mordes in 25 Fällen. Die Behörden werfen ihm vor, er habe mit Billigung seiner Familie rund 100 Bewaffnete der Ampatuan-Privatmiliz angeführt und den Konvoi eines politischen Rivalen überfallen.

Bei den insgesamt 57 Ermordeten handelte es sich um Familienangehörige und Sympathisanten des Vizebürgermeisters der Stadt Buluan, Ismael Mangudadatu, sowie um sie begleitende Journalisten und Anwälte. In der Provinzhauptstadt Shariff Aguak hatte Mangudadatus Ehefrau Unterlagen für dessen Kandidatur um den Gouverneursposten für die Wahlen im Mai 2010 abgeben wollen. Denn Andal Ampatuan Senior, der bislang dreimal ohne Gegenkandidaten Gouverneur der südlichen Provinz Maguindanao wurde, darf nicht mehr antreten. Jetzt wollte er einen Sohn als Nachfolger durchdrücken – wenn nötig mit Gewalt. Dass Vizebürgermeister Ismael Mangudadatu es wagte, die Ampatuans heraus zu fordern, passten diesen nicht.

Präsidentin Gloria Arroyo versprach, die für das Massaker Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Doch trotz etlicher Hinweise auf die mutmaßlichen Täter hatte man die Ampatuans tagelang unbehelligt gelassen. Das nährte bei Kritikern den Verdacht, die Regierung fasse den mächtigen muslimischen Clan mit Samthandschuhen an. Zumal dieser bis zu dem Massaker als enger politischer Verbündeter Arroyos galt. Dass Arroyo nun das Kriegsrecht über die Provinz Maguindanao verhängt hat, ist nach Auffassung von Kritikern ebenso unangemessen. „Damit kann man die Probleme dieses staatlich gestützten Systems aus Warlords und Gewalt in der Provinz nicht lösen“, monierte zum Beispiel das Linksbündnis „Bayan“.

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