Nach Kritik an Biosprit: In die Heizung statt in den Tank
Umweltschützer wollen Energiepflanzen lieber in Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen nutzen, als daraus Agrosprit für Fahrzeuge herzustellen.
Ungeeignet für die Autos, schlecht für das Klima und verantwortlich für den Welthunger - der einst hoch gelobte Biosprit gerät von Tag zu Tag mehr in Verruf. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Bund) hat am Donnerstag ein Drei-Schritte-Programm vorgestellt, dass den Biosprit überflüssig machen und gleichzeitig die CO2-Einsparziele der Bundesregierung noch übertreffen soll. Die Formel: sparsamere Autos, nachhaltiger Anbau der Pflanzen, die zur Energieerzeugung verwendet werden, und eine effektivere Nutzung der Pflanzen in Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK).
So will der Umweltbund die drei größten Kinderkrankheiten des Biosprits ausgemerzt wissen: die Emissionen, den Preis und die Effizienz. Würden die Pflanzen, die jetzt auf Anbauflächen für Biosprit wachsen, als Biomasse in KWK-Anlagen wandern, ließen sich nach Berechnungen der Umweltorganisation 50 Millionen Tonnen mehr CO2 sparen, als es die Bundesregierung derzeit in ihrem Konzept vorsieht.
"Die Beimischungsquote weiter zu erhöhen, würde dem Klima und der Umwelt schaden", sagte der Bund-Vorsitzende Hubert Weiger. Schon jetzt habe der Biosprit das Gegenteil von dem erreicht, was eigentlich geplant war. Denn neben den anbaubedingten Lachgas-Emissionen von Raps sehen die Umweltschützer auch Auswirkungen auf den Welthunger. Von einem Hektar Getreide könnten sich ein Jahr lang 18 Menschen ernähren - die gleiche Menge reicht gerade mal, um ein durchschnittliches einziges Mal vollzutanken, rechnet Alexander Hissting, Agrarexperte von Greenpeace, vor.
Auch Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) sieht die Probleme: "Die wachsende Nachfrage nach Agrarenergie im Norden birgt die Gefahr von steigenden Nahrungsmittelpreisen und von neuen Verteilungskämpfen im Süden." Zudem kenne der Klimawandel keine Grenzen: "Es wird uns in Deutschland langfristig nicht helfen, wenn unsere Autos mit Agrarkraftstoffen fahren, dafür aber am Äquator Urwald abgeholzt wird."
Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) steht jetzt zunehmend unter politischem Druck, die Pläne für eine höhere Beimischung von Biosprit im Benzin ab 2009 zurückzunehmen. Dafür sprachen sich am Donnerstag Union, FDP und Grüne aus. Allerdings wären nur vergleichsweise wenige Fahrer deutscher Autos von der Neuerung betroffen: Nach offiziellen Angaben deutscher Hersteller müssten nur 189.000 ihrer Modelle auf den teuren Kraftstoff Super Plus umsteigen.
Unter den rund zwölf Millionen Importfahrzeugen in Deutschland wird dagegen eine weit höhere Zahl von Autos vermutet, die die Beimischung von bis zu zehn Prozent Bioethanol im Benzin (E10) nicht vertragen und deshalb künftig die teurere Sorte tanken müssten. Es sollen nach Angaben der Autobranche mehr als eine Million sein. Sollte sich das bestätigen, will Gabriel die Pläne für eine höhere Biosprit-Quote stoppen, um die Autofahrer finanziell nicht zu stark zu belasten. Auf die Zahlen der Importeure warte man noch, sagte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums am Donnerstag. So lange werde man die Angaben für die deutschen Fahrzeuge auch nicht kommentieren.
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