: Nach Hausdurchsuchung: Jetzt gibt’s Emotionen
DURCHSUCHUNG Thüringer Minister fordern Stellungnahme von Sachsens Regierung
BERLIN taz | Nach der Durchsuchung der Wohnräume eines Jugendpfarrers in Jena (Thüringen) durch sächsische Polizisten eskaliert der Streit über den Einsatz. Am Donnerstag sagte Thüringens stellvertretender Ministerpräsident und SPD-Landeschef Christoph Matschie der taz: „Das Vorgehen der sächsischen Behörden ist wirklich fragwürdig, da es keinerlei Absprachen mit thüringischen Behörden gegeben hat.“ Er forderte die sächsische Regierung zu einer Stellungnahme auf. Thüringens Justizminister Holger Poppenhäger (SPD) sprach von einem großen Informationsdefizit.
Am Mittwoch waren sächsische Polizisten auf Geheiß der Dresdner Staatsanwaltschaft (Sachsen) nach Thüringen gefahren, um dort das Haus des Pfarrers Lothar König zu durchsuchen, der in Jena seit Jahren gegen Rechtsextremismus aktiv ist und dabei auch mit Jugendlichen aus der linksautonomen Szene arbeitet. Ihm wird vorgeworfen, am 19. Februar in Dresden einen Lautsprecherwagen zur Verfügung gestellt zu haben, mit dem auch Straftaten begangen worden seien. Gegen König ermittelt die Dresdner Staatsanwaltschaft auch wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung.
Für ihrem umfassenden Ermittlungsstil steht die Dresdner Staatsanwaltschaft seit Monaten in der Kritik, unter anderem weil sie im Rahmen einer Großdemo zehntausende personenbezogener Daten erfasst hatte (taz berichtete). Die evangelische Landeskirche in Thüringen sowie zahlreiche Politiker hatten die Durchsuchungsmaßnahme am Mittwoch stark kritisiert.
„Rechtsstaat bedroht“
Der Sprecher der Dresdner Staatsanwaltschaft, Jan Hille, verteidigte den Einsatz. Der taz sagte er, der Rechtsstaat müsse sich bedroht fühlen, wenn Politiker versuchten, Einfluss auf laufende Ermittlungen zu nehmen. „Das, was sich im Moment einige Politiker und interessierte Medien an Vorwürfen gegen die Staatsanwaltschaft Dresden erlauben, kannte ich bisher nur aus der rechtsextremen Ecke oder von Querulanten“, sagte Hille der taz. „Wir werden uns von keinem Politiker zu einer Strafvereitelung drängen lassen.“
Die zuständige Polizeidirektion Jena bestätigte unterdessen, sie sei „mit Beginn des Einsatzes“ am Mittwoch über die Maßnahme der sächsischen Ermittler informiert worden. Aus dem thüringischen Innenministerium heißt es, es sei von der Aktion der sächsischen Beamten nicht informiert gewesen. Die Staatsanwaltschaft Dresden beruft sich auf die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz. Demnach dürfe sie bundesweit ermitteln und dazu auch sächsische Polizisten in andere Bundesländer schicken.
SEBASTIAN ERB, MARTIN KAUL
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