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Nach Haiders TodÖsterreichs Rechte ohne Orientierung

Jörg Haider, Schöpfer und Alleinunterhalter der Partei BZÖ, hinterlässt eine orientierungslose Truppe: Aber vielleicht kommt das rechte Lager bald wieder zusammen.

Schock und Verzweiflung: Kerzen für Jörg Haider. Bild: dpa

WIEN taz Die politischen Konsequenzen, die Haiders plötzlicher Tod nach sich zieht, sind noch schwer abzuschätzen. Der Charme des Populisten wird der gesamten Rechten fehlen.

Jörg Haider konnte keine Party auslassen. Völlig unerwartet tauchte er Freitag kurz nach 21 Uhr in der Nobeldisco Le Cabaret in Velden am Wörthersee auf, wo das neue Society-Magazin Blitzlicht Revue vorgestellt wurde. Er wurde sofort zum Mittelpunkt des Events, badete in der Menge, schüttelte Hände und ließ sich mit Schönheiten fotografieren. Eine seltene Fähigkeit bei den Rechten in Österreich.

Es ist eine Ironie des Schicksals, dass Haider nach so einem Auftritt seinen tödlichen Unfall hatte. Um 0.30 verließ er das Fest, setzte noch seinen Chauffeur in Klagenfurt ab und fuhr dann allein in seinem Dienstwagen Richtung Bärental, nach Hause. Mit 142 km/h, so die Expertenschätzung, verlor Haider auf einer Strecke, wo 70 km/h zugelassen sind, nach einem Überholmanöver die Kontrolle über seinen 360-PS-VW Phaeton.

Die Straße war feucht, der Nebel behinderte die Sicht auf Randsteine, Zäune und Verkehrsschilder, mit denen Haider zusammenkrachte. Von seinen Verletzungen an Kopf, Wirbelsäule und Brust seien mehrere tödlich gewesen, stellte der Arzt später fest. "Er hat keine Überlebenschance gehabt", so der Leiter der Staatsanwaltschaft Klagenfurt, Gottfried Kranz, am Sonntag.

Für die Rechten stellt sich nun die Frage: Was kommt nach Jörg Haider?

Wie verzweifelt die hinterbliebenen Politiker sind, zeigen ihre Reaktionen auf seinen Tod: Der stellvertretende Landeshauptmann Gerhard Dörfler erklärte: "In Kärnten ist die Sonne vom Himmel gefallen." Stefan Petzner, BZÖ-Vize, Haiders Pressesprecher und ständiger Begleiter, schluchzte ins Mikrofon: "Für uns ist das wie ein Weltuntergang."

In Kärnten ist die Nachfolgefrage klar geregelt: Gerhard Dörfler, Haiders langjährige rechte Hand im Landhaus, wird die Geschäfte führen, bis der Landtag binnen 14 Tagen einen neuen Landeshauptmann wählt. Dass dieser vom BZÖ kommt, ist nicht ausgemacht. Denn gemeinsam könnten SPÖ, ÖVP und Grüne auch einen Sozial- oder Christdemokraten wählen. Im März stehen dann ohnedies Landtagswahlen an, bei denen ein klarer Sieg des BZÖ und damit Haiders Wiederbestellung als unausweichlich galten. Nun nicht mehr.

Bei den Nationalratswahlen Ende September gaben fast zwei Drittel der BZÖ-Wähler an, sie hätten ihre Stimme der Person Haider gegeben. In Kärnten ist dieses Wahlverhalten mindestens ebenso verbreitet. Charismatische Nachfolger sind auch hier nicht in Sicht. Multifunktionär Stefan Petzner, der für sein Idol das Studium schmiss, ist erst 27 Jahre alt und bringt weder die politische Routine noch das Charisma mit, um eine Wahl zu schlagen.

Allerdings hat auch die in Kärnten traditionell starke SPÖ mit Reinhart Rohr keinen Parteichef, dem die Herzen so zufliegen wie dem Verblichenen. Vor einem Meer von Kerzen und Blumen trugen sich am Wochenende Tausende in das Kondolenzbuch im Klagenfurter Landhaus ein, viele mit Tränen in den Augen.

Ob das 2005 gegründete Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) ohne seinen Schöpfer und Alleinunterhalter überlebensfähig sein wird, muss sich erst zeigen. Kurzfristig besteht kein Anlass zur Panik. Mit 21 Abgeordneten im neuen Nationalrat und reichlich Steuergeld für Fraktion und Parteistrukturen ist die Ein-Mann-Partei vorerst abgesichert.

Ob wieder ein Kärntner an die Spitze tritt, etwa der relativ erfahrene ehemalige Verteidigungsminister Werner Scheibner oder die Haider-Schwester Ursula Haubner, ist noch unklar. Solange die Funktionäre sich in Schockzustand und trauernder Verzweiflung befinden, werden keine Weichen gestellt.

Der freiheitliche EU-Abgeordnete Andreas Mölzer, einer der wenigen Intellektuellen des rechten Lagers, hält eine Wiedervereinigung von BZÖ und FPÖ nach Haiders Tod für wahrscheinlicher. Eine Variante wäre auch das CDU/CSU-Modell: Das BZÖ bleibt in Kärnten, wo die FPÖ auf eigene Kandidaten verzichten würde. Der Politologe Fritz Plasser geht hingegen davon aus, "dass es gar nicht so lange dauern wird, bis die Wählerschaft von FPÖ und BZÖ zusammenfindet".

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