Nach Einsparungen: Praktikanten bewachen die Schule
1-Euro-Jobber ersetzen vorerst die eingesparten Wachschützer vor der Albert-Schweitzer-Schule. Der Bezirk will das Modell auf andere Schulen ausweiten.
Langzeitarbeitslose sollen vor Neuköllner Schulen die vom Bezirk eingesparten Wachschützer ersetzen - im Rahmen einer laufenden Weiterbildungsmaßnahme. "Das ist eine zeitlich befristete Notlösung, um Schüler vor Störungen von außen zu schützen", sagte Neuköllns Bezirksstadträtin für Bildung, Franziska Giffey (SPD), der taz. Zunächst werden von Montag an drei Männer vor der Albert-Schweitzer-Schule nahe des Hermannplatzes eingesetzt. "Wir prüfen, ob wir das auf weitere Schulen ausdehnen können", so Giffey.
An dem Gymnasium hatten vergangene Woche Schüler zwei Heroinabhängige in der Toilette gefunden, die sich gerade einen Schuss gesetzt hatten. Der Vorfall hatte sich schon am zweiten Tag ereignet, an dem 16 Neuköllner Schulen auf die Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes verzichten mussten. Bis vor den Weihnachtsferien hatten diese vier Jahre lang Schulhöfe bewacht, um Unbefugten den Zugang zu verwehren. Ende 2011 hatte der Bezirk das Programm gestrichen, weil er 2012 neun Millionen Euro einsparen muss und über chronische Unterfinanzierung durch den Senat klagt.
Die Landesregierung hatte es abgelehnt, finanziell einzuspringen. Stattdessen meldete sich am vergangenen Freitag der Weiterbildungsträger Antares IT im Bezirksamt, um auf seine vom Jobcenter Neukölln finanzierte Weiterbildungsmaßnahme "Schulstreife" hinzuweisen. Darin qualifizieren sich aktuell zwölf Langzeitarbeitslose als 1-Euro-Jobber auf eine Tätigkeit in der Sicherheitsbranche hin, etwa als Personenschützer. Neben Unterrichtseinheiten wie einem Deeskalationstraining begleiten sie Schüler am Neuköllner Richardplatz auf ihrem Schulweg, um sie vor gewalttätigen Übergriffen zu schützen. Nun sollen die aktuell 12 Teilnehmer ihr praktisches Training auf die Zugangskontrolle vor Schulen ausdehnen.
Neuköllner Schüler dürften dies mehrheitlich begrüßen - einige hatten Unterschriften gesammelt und an das Bezirksamt geschickt, um den Wachschutz zu behalten. Der Abiturient Savas Emengen vom Hannah-Arendt-Gymnasium etwa sagt zu dem Ersatz durch die 1-Euro-Jobber: "Besser als gar nichts." Das Sicherheitsgefühl an seiner Schule habe sich durch die Wachschützer enorm verbessert. "Wohler wäre uns aber, ausgebildete Leute mit mehr Erfahrung würden den Job machen."
Leser*innenkommentare
Ein-Euro-Abgeordnete in Landtagen und im Bundestag
Gast
Dann könnten ja bequem auch Ein-Euro-JobberInnen-Abgeordnete im Deuzschen Bundestag und in den Landtagen die Mandate der WählerInnenschaft wahrnehmen(?)
Sonst gehts noch, 'liebe' (böse) CDU und SPD; fasst Euch mal an Eure mit Volkes Fleiß vergoldete Nase!
Stefan
Gast
Politiker entlassen und durch 1-Euro Jobber ersetzen - dabei müsste noch nicht mal umgeschult werden: das jetzige Niveau erreicht jeder Bürger auch ohne Fachkompetenz.
Und die jetzigen Politiker natürlich zum JobCenter - vielleicht haben sie ja Glück und bekommen ihren alten Job wieder zurück - dann aber natürlich als 1-Euro Jobber...
vg, stefan
Branko
Gast
Soweit ist unsere Gesellschaft gekommen:
Es wird die Frage dirkutiert, wer diese Wachleute finanziert, und ob das "Modell auf andere Schulen" ausweitbar ist,
nicht darum, daß an Schulen überhaupt Wachpersonal eingesetzt werden muß, und wie man den Prozeß wieder zurückdrehen könnte.
Und - hach, wie herrlich - daß das Jobwunder von CDU und SPD uns all diese wenigen Arbeitslosen und vielen Ein-Euro-Jobber beschert hat.
Demnächst kann dann endlich wieder eine Steuersenkung stattfinden, weil für alles, was sich nicht finanzieren lässt, gibt's ja Ein-Euro-Jobber.
Dhimmitry
Gast
Ich schließe mich exi an, wenn es schon einen am Markt eingekauften Wachschutz gab, kann die Aufgabe kaum als zusätzlich gewertet werden und kann daher nicht als AGH-MAE laufen.
PS: Savas bedeutet Krieg! Lieber mal alle abrüsten!
exi
Gast
EEJ sind per Gesetz an drei Bedingungen geknüpft: Zusätzlichkeit, Sozialverträglich, Gemeinnützigkeit.
Da offen eingestanden wird, daß die Aufgabe bisher von Angestellten privater Unternehmen ausgeführt wurde, ist gegen die Bedingung der Zusätzlichkeit verstoßen.
Und es ist erst einige Wochen (wenige Monate) her, daß ein Gericht entschieden hat, daß bei diesem Verstoß die Differenz zwischen EEJ-Entgelt und regulärem Lohn nachgezahlt werden muß. Sei es vom Auftraggeber, sei es vom Hartzamt.
Den versklavten EEJ muß also angeraten werden auf ihr gutes Recht zu pochen und es notfalls einzuklagen. Es kann ja nicht angehen, daß Menschen erst entlassen werden um dann dieselbe Arbeit, am selben Ort, für denselben Kunden als Eurosklave zu machen.
Interessant ist noch, daß das ganze in einem SPD-Land geschieht. Denn es zeigt sich deutlich, daß die Befürworter des Hartzmurkses keine Ahnung von ihrer eigenen Politik haben. Während, andererseits, jeder der das SGB II in der Verhunzung durch Hartz gelesen hat, diesen Hartzmurks ablehnt.
Drogen für alle!
Gast
Wie Jan schon sagte, überall Drogenfreigabe, jetzt! Denn wenn alle völlig benebelt sind, bekommt keiner mehr mit, dass das Leben in Deutschland immer bescheuerter wird. Demnächst haben wir das erste Konzentrationslager zurück, dann stehen da zunächst die Leute von Germania und als nächstes die 1 Euro-Jobber und innen drin sitzen dieselben Leute.
Ach wie schön war Panama!
Jan
Gast
Ich verstehe nicht warum Drogen mal wieder so kriminalisiert werden. Drogen müssen überall erlaubt sein, auch an Schulen!