Nach Brand in Zossen: Nazis wollen Mahnwache stören
Über ein Blog mobilisieren Neonazis zum Flashmob gegen die Mahnwache zum Internationalen Holocaust Gedenktag in Zossen. Eine Bürgerinitiative und die Antifa halten dagegen.
BERLIN taz | Die Konfrontation zwischen Neonazis und Bürgern der brandenburgischen Stadt Zossen spitzt sich zu. Nachdem das "Haus der Demokratie" bei einem Brand am Wochenende komplett zerstört wurde, haben rechtsradikale Aktivisten in einem Internetblog angekündigt, eine für Mittwoch in Zossen geplante Mahnwache zum Internationalen Holocaustgedenktag mit einem "Flashmob" zu stören.
Die Antifa, die in das offizielle Programm der Gedenkfeier eingebunden ist, hat ihrerseits die Werbung für die Veranstaltung verstärkt: "Der Aufruf der Nazis zeigt, wie notwendig die Gedenkfeier in der Stadt ist. Wir wollen dazu beitragen, dass alles abläuft wie geplant", betont ein Sprecher der Antifa Teltow-Fläming.
Die Ursachen für den Brand im "Haus der Demokratie", das die Bürgerinitiative "Zossen zeigt Gesicht" seit September 2009 genutzt hat, sind weiter unklar. Laut Landeskriminalamt wird in alle Richtungen ermittelt. Ergebnisse sollen Ende der Woche vorliegen.
Die Mitglieder der Bürgerinitiative hielten sich bei einer Veranstaltung zur abschließenden Planung der Gedenkfeier, an der sie Namen von Zossener Holocaustopfern verlesen wollen, mit Spekulationen zurück. "Die zeitlichen Zusammenhänge zwischen früheren rechten Anschlägen sind jedoch nicht von der Hand zu weisen", sagte ein Sprecher der Initiative am Montagabend.
Zossener Bürger, die sich zusammengeschlossen haben, um gegen die Etablierung fester Neonazi-Strukturen anzugehen, wurden in den vergangenen Monaten immer wieder drangsaliert. Es gab rechte Parolen auf Hauswänden, kleinere Sachbeschädigungen mit Böllern und eine handfeste Morddrohung gegen ein führendes Mitglied der Bürgerinitiative. Die Polizei ermittelte bislang erfolglos.
Eine Vertreterin der Koordinierungsstelle "Tolerantes Brandenburg" versicherte am Montag, dass die Landesregierung der Bürgerinitiative bei der Suche nach einer neuen Bleibe helfen werde. Trotz Wut und Trauer angesichts des entstandenen Schadens, laut Polizei rund 200.000 Euro, wollen sich die Zossener Bürger weiter gegen rechts engagieren.
"Wenn ein Beweis nötig ist, dass unsere Stadt einen Ort wie das Haus der Demokratie braucht, wäre er jetzt endgültig erbracht", sagte Jörg Wanke von der Bürgerinitiative. Er kritisierte, dass die Bürgermeisterin von Zossen, Michaela Schreiber, sich offen gegen die Bürgerinitiative ausspricht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?