Nach Bekanntwerden von Unterlagen: Facebook hat die Börse im Visier
Vertrauliche Unterlagen für Facebook-Investoren sind öffentlich geworden. Der Netzwerk-Riese wird wohl bald seine Finanzlage offenlegen - nun wird spekuliert: Steht der Börsengang bevor?
NEW YORK/SAN FRANCISCO/BERLIN dpa/dapd | Das weltgrößte Online-Netzwerk Facebook nimmt Kurs Richtung Börse. Entweder, so zitierten US-Medien am späten Donnerstag aus vertraulichen Unterlagen für Investoren, wird Facebook im kommenden Jahr seine bislang geheimen Finanzen offenlegen. Oder das rasant wachsende Internetunternehmen wird direkt an die Börse gehen und sich damit für jeden Anleger öffnen - was als wahrscheinlicher gilt. Unternehmenssprecher Jonathan Thaw wollte sich am Donnerstag nicht zu den Spekulationen über einen bevorstehenden Börsengang äußern.
Facebook enthüllte seine Absichten in einem Prospekt, den die Investmentbank Goldman Sachs an ausgesuchte Kunden verteilt hat. Das Wall-Street-Haus sammelt derzeit Gelder für einen 1,5 Milliarden Dollar schweren Fonds ein. Über diesen können wohlhabende Kunden in Facebook investieren. Der "Eintrittspreis" in den exklusiven Club liegt bei zwei Millionen Dollar. Nach Informationen des "Wall Street Journal" ist das Interesse riesig und übertrifft das Angebot bei weitem.
Durch die neuen Investoren steigt der Druck auf Facebook, die bisherige Geheimniskrämerei um die Finanzlage aufzugeben. Die Börsenaufsicht SEC ist bereits auf Facebook aufmerksam geworden und schaut sich an, ob das Unternehmen seine Anleger ausreichend informiert. Laut US-Gesetz müssen auch nicht börsennotierte Firmen ihre Daten veröffentlichen, wenn sie mehr als 500 Investoren haben. Facebook dürfte diese Marke durch den Goldman-Fonds durchbrechen. Alternativ kann das Unternehmen an die Börse gehen und müsste seine Daten dann ohnehin preisgeben.
In den rund 100 Seiten starken Investorenunterlagen, aus denen unter anderem die "New York Times" zitierte, gewährte Facebook bereits erste Einblicke: So erwirtschafte das Unternehmen in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres einen Umsatz von 1,2 Milliarden Dollar. Davon blieb ein Gewinn von 355 Millionen Dollar übrig. Das ist deutlich mehr als Facebook im gesamten Jahr zuvor erwirtschaftet haben soll.
Bislang hat sich Mark Zuckerberg, der Gründer und Vorstandsvorsitzende des im kalifornischen Palo Alto ansässigen Portals, stets gegen einen Börsengang gesträubt. Nach Ansicht von Analysten wollte der 26-Jährige vor einem solchen Schritt in die Öffentlichkeit Zeit gewinnen, um unternehmerisch zu reifen. Zuckerberg, der im vergangenen Jahr vom "Time"-Magazin zur "Person des Jahres" gewählt wurde, besitzt etwa ein Viertel der Facebook-Aktien.
Facebook ist eine der am schnellsten wachsenden Internetfirmen überhaupt mit mittlerweile mehr als 550 Millionen Mitgliedern, jeden Monat werden auf ihren Seiten mehr als 30 Milliarden Links, Nachrichten und Fotos veröffentlicht. Diese Zahlen machen das Online-Netzwerk für die Werbeindustrie interessant. Der Gesamtwert des noch jungen Unternehmens wird inzwischen auf rund 50 Milliarden Dollar taxiert.
Das ist zwar mehr als das Auktionshaus Ebay oder das Interneturgestein Yahoo auf die Waage bringen - allerdings bestehen Zweifel an dieser Einordnung. So hat der ehemalige Investor Thomas Heilmann, einer der Gründer der Werbeagentur Scholz & Friends und heute stellvertretender Vorsitzender des CDU-Landesverbandes Berlin, die Bewertung als "viel zu hoch" bezeichnet. Nach eigener Aussage veräußerte er seine "im Promillebereich" liegenden Anteile kurz vor Weihnachten. Jedoch betrachte er Facebook nach wie vor als ein sehr gutes Geschäftsmodell mit realistischen Zukunftsaussichten, dem er hohe Gewinne zutraue.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!