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„Nach Bayern floß jahrzehntelang Geld“

■ Der FDP-Politiker Dieter Thomae lehnt die Regionalisierung des Sozialsystems ab

taz: Herr Thomae, mehr Wettbewerbsförderalismus bei der sozialen Sicherung fordert die CSU. Das klingt doch recht freidemokratisch.

Dieter Thomae: Das mag sich interessant anhören. Wir dürfen aber nicht vergessen, daß es im Sozialsystem Deutschlands gleiche Beitragssätze, aber auch gleiche Leistungen geben soll, die bundesweit gelten. Bayern will diese Beitragssätze regionalisieren.

Das soll die anderen dazu bringen, mit den Geldern ökonomischer umzugehen.

Die strukturschwachen Gebiete hätten dann deutlich höhere Beitragssätze. Das hätte Auswirkungen auf die Lohnzusatzkosten und damit auf den Arbeitsmarkt. Arbeitsplatzabbau würde eintreten.

Herr Stoiber sieht nicht mehr ein, daß sich die strukturschwachen Länder auf Kosten der starken durchfüttern lassen.

Herr Stoiber sollte nicht vergessen, daß jahrzehntelang nennenswerte finanzielle Mittel nach Bayern geflossen sind um aus diesem landwirtschaftlichen Gebiet ein hochtechnologisches zu machen. Die Strukturhilfen sind auch nach Bayern geflossen, und jetzt müssen wir denen helfen, deren Strukturen noch nicht optimal sind.

Was vermuten Sie denn hinter dem bayerischen Vorstoß?

Wir haben im Gesundheitssystem einen Risikostrukturausgleich innerhalb der Bundesrepublik. Das ist 1992 von Koalition und Opposition vereinbart worden. Jetzt geht es darum, den ostdeutschen Krankenkassen zu helfen. Deshalb haben die Bayern das Thema aufgebracht. Wir müssen den neuen Bundesländern helfen, das sieht der Gesundheitsminister genauso wie die FDP.

Sie lehnen die Initiative ab?

Hier werden Landesinteressen in den Vordergrund gestellt. Von daher lehnen wir die bayerischen Vorschläge ab. Die Koalition wird in der kommenden Woche darüber sprechen. Ich gehe davon aus, daß wir dann einen Gesetzentwurf auf den Weg bringen, der die Regionalisierung ablehnt.

An den Grundstrukturen der Sicherungssysteme wird also nichts geändert?

Daran wird nichts geändert.

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