Nach Attentat in Lüttich: Terrorermittlungen aufgenommen
Einen Tag nachdem ein Gefangener auf Freigang drei Menschen tötet, werden weitere Details bekannt. Er soll Stunden zuvor eine weitere Person umgebracht haben.
Belgien war in der Vergangenheit mehrfach Ziel von Terroranschlägen. Bei der schwersten davon töteten islamistische Extremisten in Brüssel am 22. März 2016 in der Metro sowie am Flughafen 32 Menschen.
Nach der neuen Bluttat in Lüttich (Liège) vom Dienstag verwiesen die Ermittler auf das Vorgehen des Täters, das Propagandavideos des sogenannten Islamischen Staats entspreche. Zudem habe die Polizei Hinweise auf Kontakte des Verdächtigen zu Radikalen 2016 und 2017. „Für den Moment hatten wir genügend Gründe, ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts terroristischer Taten zu eröffnen“, sagte Staatsanwalt Eric van der Sypt. Er fügte aber hinzu: „Wir ziehen noch keine Schlüsse.“ Geprüft werde vor allem, ob der Täter allein handelte.
Bei dem Angriff hatte der Attentäter zuerst zwei Polizistinnen mit einem Messer angegriffen. Dann nahm er ihnen die Dienstwaffen weg und erschoss sie. Einen 22-jährigen Lehrer, der in seinem in der Nähe geparkten Auto saß, tötete er ebenfalls. Ein Sprecher der Staatsanwalt sagte, der Angreifer habe anschließend die Konfrontation mit anderen Polizisten gesucht, die ihn außerhalb eines Schulgebäudes umzingelt hatten. Er habe mehrere von ihnen durch Schüsse in die Beine verwundet, dann sei er erschossen worden. „Das Ziel des Angreifers war, die Polizei zu treffen“, sagte der zuständige Polizeichef Christian Beaupère.
Unter den drei Opfern des Attentäters war eine 53 Jahre alte Beamtin, die laut Beaupère Zwillingstöchter hinterlässt. Diese hätten bereits ihren ebenfalls als Polizist tätigen Vater verloren.
Am Mittwochmorgen wurde bekannt, dass der Täter wenige Stunden vor seiner Tat einen weiteren Mann getötet haben soll. Das sagte der belgische Innenminister Jan Jambon dem belgischen Fernsehsender RTL. Demnach brachte der Attentäter in der Nacht zum Dienstag einen ehemaligen Mithäftling in der südbelgischen Provinz Luxemburg um.
Diebstahl, Drogendelikte und Übergriffe
Die Behörden beschrieben den Täter als Gefängnisinsassen, der wegen Diebstahl, Drogendelikten und Übergriffen vorbestraft gewesen sei. Belgiens Justizminister Koen Geens sagte, es handele sich um einen seit 2003 inhaftierten Wiederholungstäter. Er hätte in zwei Jahren entlassen werden sollen. Die Medien machten den mutmaßlichen Angreifer als Benjamin H. aus. Dies wollten die Behörden unter Verweis auf die Ermittlungen nicht bestätigen.
Mit Blick auf das Attentat erklärte Innenminister Jambon, der zuständige Richter müsse feststellen, ob es sich um einen Terrorakt gehandelt habe. „Wenn wir über Terror reden, muss dafür jemand die Anordnung geben, (die Terrormiliz) IS oder jemand anderes.“
Ministerpräsident Charles Michel sagte, H. sei indirekt in Behördenberichten über Radikalisierung aufgetaucht. Sein Name habe aber nicht auf einer Liste der Terrorabwehr gestanden. Auch Geens sagte, der Täter sei niemand gewesen, den man eindeutig als radikalisiert hätte bezeichnen können.
Der Terroralarm in Belgien wurde nicht erhöht und verblieb stattdessen auf Warnstufe zwei. Die höchste Stufe, vier, war nach den Attacken im März 2016 kurzzeitig ausgerufen worden. Damals waren 32 Menschen am Flughafen von Brüssel und in der U-Bahn getötet worden.
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