NSU-SKANDAL: Der V-Mann in seiner Behörde
Die Pannen bei der Aufarbeitung der Nazi-Mordserie haben auch Berlin erreicht. Innensenator Frank Henkel (CDU) führte am Freitag erste Krisengespräche.

Wusste seit März von dem V-Mann: Innensenator Frank Henkel. Bild: dapd
Innensenator Frank Henkel (CDU) hat eingeräumt, dass er bereits seit März darüber informiert war, dass ein mutmaßlicher NSU-Unterstützer jahrelang Informant der Berliner Polizei war. Zur Begründung sagte Henkel, er habe die Öffentlichkeit wegen der laufenden Ermittlungen nicht informieren wollen. Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy (SPD), wirft Henkel dagegen vor, die Aufklärungsarbeit absichtlich verschleiert zu haben.
Die innenpolitischen Sprecher des Abgeordnetenhauses haben sich am Freitag mit Henkel getroffen. Über den Inhalt des Gesprächs ist Stillschweigen vereinbart worden, sagt Benedikt Lux (Grüne). „Viele Fragen sind noch offen“. Das meint auch Hakan Tas (Die Linke): „Mich ärgert vor allem, dass der NSU-Untersuchungsausschuss im Bundestag besser über die Vorgänge in Berlin informiert ist als das Abgeordnetenhaus.“Am Dienstag wird sich der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses in einer Sondersitzung mit dem Komplex befassen. Am Mittwoch tagt der Verfassungssschutzausschuss.
Mit der V-Mann Affäre wird es nun erstmals ernst für Frank Henkel. Gleich zweimal musste sich der Innensenator und CDU-Landesvorsitzende am Freitag per Pressemitteilung zu Wort melden: „Die Vorgänge werfen kein günstiges Licht auf unsere Sicherheitsbehörden“ erklärte er. Die zentrale Frage, die Henkel jetzt beantworten muss, lautet: Was geschah mit den Informationen, die das Berliner LKA vom V-Mann Thomas S. bekommen hat?
Ramona Pop, Fraktionschefin der Grünen, wies auf die Pannenserie beim Berliner Senat hin. „Man hat das Gefühl, dass der nächste Windstoß die Regierung umpustet.“ Gleichzeitig betonte sie, dass Henkel den Großteil des Problems von seinem Vorhänger Ehrhard Körting geerbt habe. Der verweigerte am Freitag jegliche Stellungnahme. „Ich habe mir geschworen, mich nach dem Ausscheiden aus dem Amt zu keinem innenpolitischen Thema des Landes Berlin mehr zu äußern“, sagte Körting. Das müsse der jetzige Innensenator tun, der Zugang zu den Akten habe.
Leser*innenkommentare
harry
Gast
"Zur Begründung sagte Henkel, er habe die Öffentlichkeit wegen der laufenden Ermittlungen nicht informieren wollen. " ist denn ein untersuchungs ausschuss "Die Öffentlichkeit"? irgenwas verstehe ich daran nicht.
und zum thema zuständigkeit von körting denke ich mal: alleine durch diese äußerung (s.o.) hat henkel die ganze verantwortung schon auf sich genommen und muss nun auch dafür gerade stehen.
Betsi
Gast
Der Mann soll endlich aus der Politik verschwinden. Er taugt einfach nicht.......
D.J.
Gast
"Ich habe mir geschworen, mich nach dem Ausscheiden aus dem Amt zu keinem innenpolitischen Thema des Landes Berlin mehr zu äußern“, sagte Körting."
Hier geht es verdammt noch mal um die Aufklärung von Morden bzw. obkektiven polizeilichen Versagens. ich bin hundertprozentig sicher - wäre diese stinkarrogante Aussage von einem CDU-Politiker gekommen, hätte die taz und einige andere zu Recht aufgeschrien. Nein, ich sage jetzt nicht das H-Wort - das liegt m.E. auf der Hand. Hach ja, die guten Linken.
Fritz
Gast
Warum übernimmt die TAZ die schönfärberische Sprachregelung von der „Panne“.
„Die Pannen bei der Aufarbeitung der Nazi-Mordserie haben auch Berlin erreicht.“
Die Agenturen geben die Wortwahl vor, die aus der Politik kommen.
Wenn es um Mord geht, wie hier bei der NSU, dann sollte wenigstens die TAZ klare, deutliche Worte finden. Dieser Euphemismus klingt nach Auto-Panne, Betriebsstörung. Und das ist Absicht.
Nun soll ich einen besseren Begriff vorschlagen. Hier geht es um Lügen und Verschleierungen, Irreführungen und Täuschungen. Nur nicht um Pannen.