NS-Akten-Hüter belastet Chefs

Prozeßbeginn um Diebstahl im Berliner Document Center / Der Hauptangeklagte, ehemaliger Leiter der Fotoabteilung, sagt gegen Vorgesetzte aus / Trödler und Militariahändler mitangeklagt  ■  Aus Berlin Plutonia Plarre

Vor der 17. Großen Strafkammer des Berliner Landgerichts begann gestern der erste von mehreren Prozessen um den Diebstahl Tausender NS-Akten aus dem amerikanischen Document Center in Berlin (BDC). Hauptangeklagter dieses Prozesses ist der ehemalige Leiter der BDC-Fotoabteilung, Alfred Darko (48). Dem Westafrikaner wird zur Last gelegt, zwischen 1983 und '87 in mindestens 30 Fällen aus dem BDC mehr als 4.000 NS-Dokumente wie SS- und SA-Unterlagen, Ordensverleihungsvorschläge, Ausweise, Parteibücher und Dokumente aus dem „Rasse- und Siedlungshauptamt“ gestohlen und an den Berliner Trödelhändler Henry Berger verkauft zu haben. Berger soll die Unterlagen an Militariahändler weiterveräußert haben. Er sitzt in diesem Prozeß zusammen mit dem Berliner Militariahändler Herbert Bormann (50) und dessen Hamburger Kollegen, dem Mitinhaber eines der größten deutschen Militaria-Auktionshäuser, Andre Hüsken (32), wegen gewerbsmäßiger Hehlerei auf der Anklagebank. Hüsken soll laut Anklage derjenige gewesen sein, der den wirklichen Wert der Dokumente erkannte und ein großes Geschäft damit machte. Darko steht nicht allein im Verdacht, die undichte Stelle im BDC gewesen zu sein, so wird in dieser Angelegenheit auch gegen den ehemaligen stellvertretenden Direktor des BDC, Wolfgang Eberhard, ermittelt. „Meine Vorgesetzten haben mich angestiftet und beauftragt, mit Berger Kontakt aufzunehmen“, erklärte Darko gestern, ohne jedoch die Namen seiner Vorgesetzten zu nennen. Indem er (Darko) Berger in der Zeit von 1984 bis zum November 1987 rund 30 Sendungen mit jeweils etwa 15 Originalunterlagen aus dem Archiv überbracht habe, habe er lediglich als Bote fungiert. Berger habe die Unterlagen zuvor immer bestellt gehabt und ihm pro Päckchen etwa 1.000 Mark bezahlt. Die Gesamtsumme habe sich auf rund 45.000 Mark belaufen, wovon Darko von seinen Vorgesetzten rund 15.000 Mark ausgezahlt bekommen haben wollte. Der Angeklagte berief sich darauf, im BDC keinen Zugang zu den Unterlagen gehabt zu haben. Die Dokumente seien ihm von seinen Vorgesetzten übergegen worden. Zuvor hatte der Trödelhändler Berger ausgesagt, keine Ahnung von der Herkunft des „alten Krempels“ gehabt zu haben, den er an Borman zu einem geringen Aufpreis von 100 Mark pro Sendung weiterverkauft habe.

Berger erklärte, er glaube nicht, daß Darko der treibende Teil des Geschäfts gewesen sei.