NRW hat Nokia geprüft: Doch weniger Jobs als zugesagt
Die Prüfung Nordrhein-Westfalens ergibt: Anstatt 2.860 Stellen hat der finnische Konzern 200 bis 400 weniger geschaffen. Damit hat Nokia offenbar gegen Subventionsauflagen verstoßen.
BERLIN taz/dpa/rtr Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) hat am Wochenende Ernst gemacht: "Ich will kein Nokia mehr, ich habe jetzt ein Handy von Sony-Ericsson", erklärte der Protestaktivist via Focus: "Wenn ein Konzern mit 40 Prozent Weltmarktanteil, 15 Prozent Gewinn und vier Prozent Personalkosten mit den Mitarbeitern so umgeht, verlangt das ein Signal." Nach und nach sollen laut Seehofer im gesamten Ministerium die Handys ausgetauscht werden. Ob sein neues Sony-Ericsson-Handy in Indien, Brasilien, Malaysia, Taiwan oder China zusammengelötet wurde, darüber machte der Bundeslandwirtschaftsminister allerdings keine Angaben.
Auch das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium versucht aus der geplanten Werksschließung durch Nokia Kapital zu schlagen. Erste Trends einer Prüfung hätten ergeben, dass die Zahl der erforderlichen 2.860 Dauerarbeitsplätze zwischen 200 und 400 unterschritten worden sei, erklärte der Sprecher des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministeriums der dpa. Damit habe der finnische Handyhersteller im Bochumer Werk "möglicherweise gegen Subventionsauflagen verstoßen". Das werde nun geprüft, und wenn sich dieser Trend bestätige, "dann wird das Wirtschaftsministerium prüfen, ob Konsequenzen zu ziehen sind".
Die Nokia-Mitarbeiter selbst berieten am Sonntag in Bochum "Arbeitskampfmaßnahmen". Betriebsratsvorsitzende Gisela Achenbach warf auf einer Betriebsversammlung dem Vorstand vor, den achten Schritt vor dem ersten zu machen: erst die Schließung zu verkünden, dann über die Folgen nachzudenken, statt vorher mit Beschäftigten, Betriebsräten und der Gewerkschaft IG Metall nach Alternativen zu suchen. "So wie ihr es jetzt macht, macht ihr Nokia kaputt", sagte sie vor mehr als 2.000 Beschäftigten. "Bis heute hat das Management nicht nachvollziehbar begründet, warum Bochum geschlossen werden soll", kritisierte Ulrike Kleinebrahm von der IG Metall. "Es gibt keine einzige Zahl, die belegt, warum der Standort nicht wettbewerbsfähig sein soll." Kleinebrahm kritisierte, dass keine Alternativen zur Standortsicherung entwickelt worden seien.
Betriebsrat und IG Metall wollen mit einem umfassenden Fragenkatalog auf die Unternehmensspitze zugehen, um die Schließungsabsicht zu hinterfragen. Zudem sind weitere Aktionen geplant, etwa eine Menschenkette am 10. Februar. Am Mittwoch treffen sich in Brüssel die Betriebsräte der europäischen Standorte von Nokia, um ihr Vorgehen abzustimmen. Der DGB forderte, dass Nordrhein-Westfalen eine Bundesratsinitiative einbringe, die die Schließung von Standorten erschwere. Für solche Entscheidungen solle eine Zweidrittelmehrheit im Aufsichtsrat gesetzlich vorgeschrieben werden.
Ein Trost immerhin kommt aus Brüssel: EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso will den Bochumer Nokia-Mitarbeitern helfen, nachdem sie gekündigt worden sind. "Wo es erforderlich ist, helfen wir, zum Beispiel bei Umschulungen", sagte Barroso der Bild am Sonntag. In den kommenden sieben Jahren erhalte Deutschland über neun Milliarden Euro aus dem EU-Sozialfonds, so Barroso - was künftige betroffene Deutsche beruhigen sollte. "Außerdem haben wir den sogenannten Globalisierungsanpassungsfonds geschaffen. Die deutschen Behörden werden, wenn nötig, Hilfen beantragen", sagte Barroso.
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