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NRW ändert HühnerzuchtbedingungenMassentötungen werden untersagt

In Deutschland werden jedes Jahr rund 50 Millionen männliche Eintagsküken umgebracht. NRW hat dieses Vorgehen der Züchter als erstes Bundesland untersagt.

Total süß: Kücken. Bild: dpa

DÜSSELDORF dpa | Nordrhein-Westfalen untersagt als erstes Bundesland die massenhafte Tötung männlicher Küken. Die entsprechenden Verfügungen haben die Behörden vergangene Woche den Brütereien zugestellt. Die sogenannten Eintagsküken werden bei der Legehennenzucht in Großbetrieben bislang als unerwünschtes Nebenprodukt umgehend getötet.

Die Betriebe können innerhalb von vier Wochen gegen die Ordnungsverfügung klagen, andernfalls werde sie bestandskräftig, teilte das Landwirtschaftsministerium am Montag in Düsseldorf mit. Die Brütereien haben eine einjährige Übergangsfrist. Bis zum 1. Januar 2015 müssen Alternativen gefunden sein.

Hintergrund des NRW-Vorstoßes ist eine neue Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft Münster, die das Töten männlicher Eintagsküken als tierschutzwidrig ansieht. „Tiere sind Lebewesen und keine Abfallprodukte landwirtschaftlicher Produktionsprozesse“, sagte Landwirtschaftsminister Johannes Remmel (Grüne) laut der Mitteilung. Er sieht nach dem Bekanntwerden des NRW-Vorstoßes bereits eine bundesweite Debatte angestoßen.

Die Landwirtschaftskammer NRW betonte, für ein wirksames Vorgehen müsse der Fall auf EU-Ebene angegangen werden. Sollte die Massentötung lediglich in NRW verboten werden, würden Zuchtküken aus Niedersachsen, den Niederlanden oder Polen gekauft, sagte Sprecher Bernhard Rüb. „Ändern wird sich dann nicht viel.“

In Deutschland werden jährlich rund 50 Millionen männliche Eintagsküken getötet. Die Brütereien in NRW hätten daran einen Anteil von 5,4 Prozent, teilte das Ministerium mit. Produzentenland Nummer eins in Deutschland ist Niedersachsen.

Die Zucht von Legehennen ist ausschließlich auf die Produktion von Eiern ausgerichtet. Für die Mast sind die männlichen Küken auch nicht geeignet. Dafür werden eigene Züchtungen genutzt. Nach Ministeriumsangaben ist es in der EU gängige Praxis, die männlichen Eintagsküken für die Legehennenproduktion direkt nach dem Schlüpfen zu töten. „Die Methoden reichen dabei über das Schreddern bis hin zu Vergasung.“

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14 Kommentare

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  • Blinder Öko-Populismus!

    Auch wenn die 50 Mio. Küken erst mal gewaltig erscheinen, bei 40gr pro Küken kommen da im Jahr gerade mal 2000 to zusammen. Die werden nicht als Restmüll entsorgt sondern als verkauft und vollständig von einem Millionenheer an Heimtieren aufgefressen. Viele Schlangen, Echsen und sonstiges Getier sind zwingend auf Nahrung in Form von Tierkörpern dieser Größe angewiesen.

    Sollten diese Kükenwegfallen, müssten dafür jährlich 50 Mio. Mäuse als Ersatznahrung gezüchtet werden. Nur, die schlüpfen nicht mit 40 gr aus dem Ei sondern müssten erst mal auf dieses Gewicht gemästet werden.

    Es ist sowohl ethisch wie auch von der Ökobilanz her eine Milchmädchenrechnung. Denn es sterben nicht weniger Tiere sondern mehr – und dafür wird auch noch Unmengen an zusätzlicher Fläche und Futtermitteln verbraucht.

  • T
    tierschutzwidrig?

    Danke für die vielen Hinweise auf vegane Alternativen. Werde beim backen mal mit geschredderten Leinsamen experimentieren als Eiersatz. Und statt Hühnersuppe bei Grippe?

  • Werden die Kleinen ab jetzt totgestreichelt?

  • G
    Gast

    Tausende Veganer backen gerade zu dieser Jahreszeit massenweise tierleidfreie Kuchen und Plätzchen. Ich bezweifle, dass Sie da einen Unterschied schmecken würden. Für Brot und Brötchen werden Eier auch in der "normalen" Variante nicht benötigt. Es gibt also zum Glück reichlich Alternativen, man muss sich nur mal schlau machen. Einfach das gewünscht Gericht + "Rezept vegan" googlen, schon gibt es die passenden Infos.

     

    Die Hühner, welche geschreddert werden, sind ein Abfallprodukt aus der Eier-"Produktion". Die haben insofern keinen Einfluss auf die Mast- und Schlachtzahlen von Schweinen und Rindern. Außer man stellt fest, was Ihnen aufgefallen ist: Nach all dem Leid und den Schmerzen in der Massenhaltung haben diese in der Tat großen Stress und panische Angst kurz vor der Schlachtung, die zudem häufig nicht pannenfrei abläuft. Aber wahrscheinlich kaufen die meisten Leser nur glücklich aufgewachsene und totgestreichelte Tiere vom zärtlichen Bauern nebenan ;)

     

    Ihre Annahme ist korrekt - die Küken sind nicht tot, wenn sie in den Schredder kommen. Deshalb kommen sie ja in den Schredder - lebendig.

     

    Die notwendigen Konsequenzen kennt jeder von uns, aber es schmeckt doch so gut...

  • G
    gast

    Ok, die Henne ist für die Eier zuständig und irgendwann gibt es dann eine Suppe, wenn mit dem Eierlegen nichts mehr geht.

     

    Die Hähnchen sind doch auch zu was gut, für die Hähnchenbratereien, da werden doch auch Millionen in Deutschland verdrückt. Oder sind das nicht Hähnchen sondern Hühner ?????

  • G
    gast

    Alternative zu Hühnerprodukten ??

    Gibt es nicht, Eier brauchen wir für unser tägl. Brot und Brotchen und Süßgebäck.

     

    Wenn wir keine Hühner mehr haben, dann schlachten wir noch mehr Schweine und Rinder ? Die haben auch einen schrecklichen Streß, weil sie genau wissen was passiert, wenn sie zum Schlachter gebracht werden.

     

    Wenn Millionen kleine Küken in einen Behälter geworfen werden, glaubt doch sicher keiner, das da alle wirklich tot sind, wenn sie in den Schredder kommen.

    • R
      ruth
      @gast:

      Klar gibt es Ei-Alternativen. Es gibt unzählige vegane Rezepte für Gebäck. Selbst konventionell hergestellte Brote und Brötchen sind zumeist an sich vegan.

    • R
      Ro
      @gast:

      Es lässt sich ganz prima ohne Eier, Milch und Co backen. Von Brot und Brötchen bis zu 'Käse'kuchen.

  • „Tiere sind Lebewesen und keine Abfallprodukte landwirtschaftlicher Produktionsprozesse“ - wie wahr. Es wurde Zeit, dass sich hier etwas ändert. Und welche Alternative? Männliche Hühner sind bestens zum Verzehr geeignet - was soll daran ineffizient sein? Damit würden gleichzeitig 50 Millionen weniger chinesische oder sonstige Hühner importiert, die unter nicht kontrollierbaren Umständen in den Verkehr gebracht werden.

  • R
    Regi

    Es ist schön zu hören das NRW hier Bewegung reinbringt. Mich würde es interessieren wenn wir das verdanken. Herr Remmel wird nur ein Kommentar zu diesem Vorgehen gesetzt haben?

  • T
    tierschutzwidrig?

    schreddern oder vergasen ist bestimmt effizient. Alternative?

  • K
    Kariba

    Was passiert mit den Küken die am Leben bleiben?

    Nicht falsch verstehen, ich bin gegen die Tötung aber ich bin auch gegen Tierqual. Wo werden diese vielen Tiere also untergebracht, so dass sie ein glückliches, artgerechtes Leben führen können und nicht ein gequältes Leben führen müssen?

     

    Kann nicht die einzige Konsequenz des Verbrauchers sein sowohl Fleisch- als auch Eierkonsum mindestens zu minimieren?

    Bitte mal kritisch und einen Schritt weiter denken!

    • DA
      Die Antwort
      @Kariba:

      entweder sie kommen mit in den stall, was ich nicht vermute. Ich glaub, wie der autor, dass die ihre hühner einfach importieren. Also müssen sie sich darum keine gedanken machen. selbst der billigste Weg, ist wahrscheinlich noch zu teuer. Tierqual hin oder her, die männlichenküken werden einfach woanders geschlachtet.

    • F
      Flo
      @Kariba:

      Der Warenpreis muss einfach die wahren Kosten einer Herstellung ohne Massenmord widerspiegeln, dann löst sich das Problem mit der Nachfrage ganz von selbst.