NRW-CDU nervös vor Wahl: Wenn der Regierungssprecher anruft
In Umfragen liegt NRW-Ministerpräsident Rüttgers (CDU) nur noch knapp vor SPD-Herausforderin Kraft. Die Landesregierung ist nervös - und geht entsprechend harsch mit Medien um.
Da hat Jürgen Rüttgers (CDU) ja nochmal Glück gehabt: Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf wird wegen der Sponsoring-Angebote seiner Partei für Exklusivtermine mit dem NRW-Ministerpräsidenten nicht ermitteln. „Es gab keinen Anlass, Ermittlungen aufzunehmen, da es an einem Anfangsverdacht bezüglich jeglicher Straftaten fehlt", so der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Johannes Mocken, zur dpa. Dennoch ist man in der Landesregierung wie der Düsseldorfer Parteizentrale mehr als nervös. Neueste Umfragen sehen Rüttgers Beliebtheitswerte im freien Fall - im ARD-Deutschlandtrend stürzt der CDU-Politiker im Vergleich zu Januar um sieben Punkte auf nur noch 44 Prozent ab und liegt damit nur noch ganz knapp vor Herausforderin Hannelore Kraft (SPD). Und die NRW-CDU beißt um sich: Das Ermittlungsverfahren gegen Lecks im eigenen Apparat, aus dem immer wieder peinliche Mails auftauchen, nimmt seinen Lauf. Ob Hausdurchsuchungen auch bei Bloggern von Ruhrbarone.de oder vom Wir-in-NRW-Blog geplant sind, mochte Staatsanwalt Mocken laut Presseberichten nicht sagen.
Die Bekanntheit der NRW-Blogs dürfte in den nächsten Tagen aber noch steigen. Doch jetzt ist auch unter den Bloggern schlechte Stimmung: Man freue sich natürlich, wenn die Landesregierung durch ihren „Aktionismus für Publizität sorgt“, heisst es beim Wir-in-NRW-Blog, als dessen Herausgeber der ehemalige stellvertretende WAZ-Chefredakteur Alfons Pieper firmiert. Aber: „Wir ärgern uns, wenn andere Blogs das Gebot des seriösen Journalismus verlassen“. Gemeint sind damit die Ruhrbarone und ex-tazler David Schraven. Denn der spreche „in seinem Medium Drohungen gegen die Landesregierung und ihre Vertreter aus“ und kündige „weitere Enthüllungen an“, lasse aber keine folgen: „Ruhrbarone.de hat bisher nicht ein einziges Dokument über die in Affären verstrickte CDU vorgelegt, will sich aber als Enthüllungsorgan positionieren“, so Wir-in-NRW. Schraven lässt das nicht auf sich sitzen, schon mahnen angesichts einer Blog gegen Blog-Auseinandersetzung besorgte LeserInnen: „Gemeinsam seid ihr zwar nicht stark, aber ihr ergänzt euch…“.
Denn es ist allemal erstaunlich, dass die in NRW nicht eben unterbesetzte Regionalpresse in Sachen Enthüllungen aus Rüttgers Reich höchst selten vorne mit dabei ist: Die Geschichte über den Ministerpräsidenten zum Mieten stand zuerst im Spiegel, viele der peinlichen Mails finden via Blogs oder andere überregionaler Blätter den Weg an die Öffentlichkeit.
Vielleicht liegt es daran, dass über die jüngste Anzeige wegen vertraulicher Mails in den Blogs die sonstige Medienarbeit der Landesregierung auch nicht gerade zimperlich ausfällt: Weil die Einschläge immer dichter kommen und selbst bislang eher Rüttgers-gewogene Blätter wie die Rheinische Post zunehmend auf Distanz gehen, gibt es „immer häufiger Beschwerden bei den Chefredaktionen“, heißt es unter Mitgliedern der Landespressekonferenz in Düsseldorf. Der Regierungssprecher höchstpersönlich melde sich – von Print bis zum Hörfunk seien alle gleichermaßen betroffen.
Auch das hat in NRW Tradition: Als der Focus in einer NRW-Beilage im vergangenen Jahr kritisch über den Sparkurs bei der bislang ebenfalls erstaunlich Rüttgers-freundlichen Essener WAZ-Gruppe (WAZ, Neue Rhein/Ruhr Zeitung, Westfälische Rundschau, Westfalenpost) berichtete, schrieb Regierungssprecher Hans-Dieter Wichter (CDU) sogar einen – natürlich rein privaten – Beschwerdebrief an Focus-Chefredakteur Helmut Markwort. Und Focus-NRW-Korrespondent Karl-Heinz Steinkühler? Bekam im Dezember nach über zehn Jahren beim schwächelnden Fakten-Magazin seine Kündigung, wird aber noch bis Mitte 2010 bezahlt und ist derzeit freigestellt.
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