piwik no script img

NRW-Agrarminister Johannes Remmel"Subventionen nur für Tierschutz"

Der nordrhein-westfälische Landwirtschaftsminister will bäuerliche Strukturen fördern anstelle von "Agrarfabriken". Das vorhandene Geld müsse nur umverteilt werden.

Nur nur die Gute fördern, fordert Johannes Rommel. Wie den Bauern dieser glücklichen Kühe im Allgäu. Bild: dpa
Jost Maurin
Interview von Jost Maurin

taz: Herr Remmel, immer mehr Tiere leben in immer weniger Ställen. Wie wollen Sie in Ihrem Verantwortungsgebiet, in Nordrhein-Westfalen, diesem Trend zur Massentierhaltung entgegenwirken?

Johannes Remmel: Subventionen für neue Ställe wollen wir auf das beschränken, was dem Umwelt- oder Tierschutz dient. Gefördert werden soll zum Beispiel der Umbau eines Stalls von der Anbindehaltung, bei der die Kühe an einem Platz fixiert sind, zu einem Boxenlaufstall. Dort können die Tiere sich dann freier bewegen. Nicht länger fördern möchten wir die Erweiterung oder den Neubau von Ställen mit mehreren hundert oder tausend Mastbullen oder Rindern.

Das ist Zuckerbrot für die Bauern. Wo bleibt die Peitsche?

Bild: dpa
Im Interview: 

Johannes Remmel, 48, Lehrer, ist seit Mitte Juli Agrarminister von Nordrhein-Westfalen. Er ist der einzige Landwirtschaftsminister der Grünen in Deutschland.

Mit neuen Förderrichtlinien wollen wir die bäuerlichen Strukturen stärken und nicht die Agrarfabriken. Dazu gehört zum Beispiel, dass bei Stallneubauten die Landwirte künftig wieder genügend eigene Flächen für die anfallende Gülle brauchen. Darüber hinaus müssen die Anforderungen an die Filteranlagen verstärkt werden, damit keine Keime und Gerüche nach außen dringen. Das erschwert den Bau von riesigen Ställen.

Wie wollen Sie das angesichts der leeren öffentlichen Kassen durchsetzen?

Das wird den Steuerzahler nichts kosten. Wir werden das vorhandene Geld nur anders verteilen.

Was halten Sie von Projekten wie Europas größtem geplanten Geflügelschlachthof in Niedersachsen, den hunderte Massentierhaltungsanlagen versorgen sollen?

Die generelle Tendenz, sich am Weltmarkt orientieren zu wollen, halte ich mittel- und langfristig für verfehlt. Bei diesem Wettlauf wird es uns ergehen wie dem Hasen gegenüber dem Igel. Und das alles zulasten von Mensch, Tier, und Umwelt.

Biobauern müssen ihre Tiere meist besser als konventionelle Betriebe halten. Sie haben in Ihrem Koalitionsvertrag mit der SPD erklärt, dass sie den Ökolandbau "ambitioniert ausbauen wollen". Wie soll das passieren?

Mein Vorgänger von der CDU hat aus ideologischen Gründen nach 2005 erst alles zurückgefahren, was irgendwie nach grün oder öko aussah. Trotz Korrekturen sind die Subventionen für Bauern, die auf Bio umstellen wollen, immer noch unter dem Niveau von früher. Unser Ziel ist, dass die Umstellungshilfen wieder mindestens so hoch werden wie im Jahr 2005.

Auch im Biolandbau gibt es Probleme. So konnte in Nordrhein-Westfalen eine Hühnerfarm nicht den nötigen Auslauf nachweisen. Und ein Putenmäster verfütterte konventionelles Futter. Sind bessere Kontrollen notwendig?

Ich habe den Vorschlag begrüßt, Biobetriebe auch staatlich zu kontrollieren. Wir werden einen Vorschlag erarbeiten, wie das Eigenkontrollsystem durch unabhängige, staatliche Kontrollen ergänzt werden kann. Sobald das Konzept vorliegt, werden wir eine Bundesratsinitiative dazu starten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • M
    meiners

    Die Idee auf einem Feld im Wechsel drei Arten zu kultivieren zeugt von absoluter Unkenntnis von betriebswirtschaftlichen Grundlagen.

    Das wäre so als wenn man von VW verlangt abwechselnd Autos,Waschmaschinen und Fernseher herzustellen.

    Das erfordert die dreifache Investition in Erntemaschinen,in dem Kopf der meisten Grünen läuft die Landwirtschaft ab wie vor hundert Jahren,da war die Dreifelderwirtschaft kein Problem.

    Außerdem haben die Grünen das Problem verschärft durch die starke Förderung der Biogaserzeugung, die zu den großen Raps und Maisfeldern geführt haben.

  • S
    Seh-Gurke

    Was die Bio-Haltung von Kühen angeht, so mag EnzoAduro Recht haben, aber erschreckend ist doch diese typisch menschliche Arroganz, zu behaupten, die Welt müsse für den Menschen gerettet werden. Wieso eigentlich? Reicht es nicht, was Mensch auf diesem Planeten anrichtet - gegen seine eigene Art, gegen Tiere und Pflanzen, die gesamte ihn umgebende Mitwelt? Wozu also soll MENSCH gerettet werden? Vielleicht schreibt der Vorschreiber mal EINEN plausiblen Grund dafür? In seiner bisherigen Existenz hat Mensch nichts Gescheites zustande gebracht. Jedenfalls sind mir keine anderen Tierarten bekannt, die so zerstörerisch auf diesem Planeten wüten! Deshalb würde es ihm vielleicht eher nützen, wenn gerade der Mensch zurück träte und anfinge, die SCHWÄCHEREN zu schützen, anstatt immer nur um sich selbst zu kreisen.

  • A
    Antonietta

    keine Subventionen mehr für tierische Produkte:

    Der menschlichen Gesundheit ist der Fleischverzehr alles andere als zuträglich, enthält Fleisch doch übermäßig Fett und Cholesterin, dafür aber keine Kohlenhydrate und Ballaststoffe. Menschen, die tierische Produkte verzehren, tragen ein 10mal höheres Risiko, an einem Herzleiden zu erkranken, und ein um 40% höheres Krebsrisiko. Doch auch das Risiko für andere Krankheiten ist höher, so z.B. für Schlaganfall, Fettleibigkeit, Bliddarmentzündung, Osteoporose, Arthritis, Diabetes, Impotenz und Lebensmittelvergiftung.

  • Z
    zZony

    Endlich mal ein würdiger Agrarminister!!

  • KF
    Öko Fritz

    "Subventionen nur für Tierschutz" - das ist schon mal ein guter Ansatz!

     

     

    Ergänzend wäre eine sinnvolle Verbraucheraufklärung:

     

    - Wie entsteht ein "Steak":

     

    Der Leidensweg vom Kalb zum Gulasch!

     

     

    - Wie kommen die Eier in die Packung?

     

    - Euterenzündung bei Kühen?

     

    - Resourccenverbrauch?

     

    http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-58035-5.html

     

    http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,710622,00.html

  • E
    EnzoAduro

    Sinnlos. Tierschutz muss nicht subventioniert werden. Da hat niemand was von.

    Eher sollten diese Methankühe endlich CO2 Zertifikate kaufen! Dann gäbe es auch weniger Kühe! Ein Lieter Milch verursacht 1kg CO2, soviel wie 5 KM Porsche Fahren.

    Und das liegt am Wiederkäuen der Kühe, da ist es egal ob bio oder nicht.

    Und bei Fleisch ist es schlimmer: Zwar essen Biokühe Biopflanzen, aber sie leben auch länger. Unter dem Strich also mehr CO2 Ausstoß beim Biofleisch. Und wenn man nur Tierschutz (lange leben, konventionelles Futter) dann ist es noch Schlimmer.

    Es muss darum gehen die Welt für die Menschen zu retten - nicht für Tiere!