NPD-Verbot: Regierung strebt keinen Neuanlauf an
Die Forderung nach einem zweiten Anlauf für ein Parteiverbot findet nur Befürworter in der SPD.
BERLIN ap/dpa/afp Trotz der jüngsten fremdenfeindlichen Attacken strebt die Bundesregierung kein neues NPD-Verbotsverfahren an. Aus der Mitte der Regierung werde keine Initiative erarbeitet und es sei auch keine geplant, sagte Regierungssprecher Thomas Steg. Ein neues Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht müsse hohe Hürden überwinden. Diese müssten mit über 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit übersprungen werden. Eine weitere Niederlage wäre ein schwerer Rückschlag für die Demokratie.
Momentan herrsche in der Bundesregierung Skepsis und Zurückhaltung vor, was ein neues Verfahren betreffe, sagte Steg. Notwendig sei ein umfassender Kampf gegen Rechtsextremismus, der sich nicht allein auf ein NPD-Verbot beschränken dürfe. Ein Sprecher von Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) erklärte, für ein neues Verbotsverfahren müssten alle rechtlichen Vorgaben erfüllt sein, die vom Bundesverfassungsgericht vorgegeben wurden. Der Sprecher von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, erfolgreich könnte ein Verfahren sein, wenn V-Leute der Sicherheitsbehörden ihre Beobachtung einstellten. Dies sei aber nicht sinnvoll. Der Mehrgewinn durch die V-Leute sei aus sicherheitspolitischen Erwägungen wichtig. Deswegen sei nicht beabsichtigt, einen Verbotsantrag zu stellen oder zu erarbeiten.
Das erste NPD-Verbotsverfahren war 2003 vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert, weil Informanten von Bund und Ländern in Führungsgremien der Partei saßen.
Trotz der Bedenken der Bundesregierung stellten sich SPD-Politiker hinter die Idee eines neuen NPD-Verbotsverfahrens, die Parteichef Kurt Beck in die Diskussion gebracht hatte. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) zeigte sich überzeugt von den Erfolgsaussichten eines neuen Verfahrens. Auch Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und SPD-Generalsekretär Hubertus Heil plädierten für einen neuen Anlauf.
Hingegen lehnt Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) einen neuen Anlauf zu einem NPD-Verbotsverfahren ab. "Ich sehe derzeit dafür keine Aussicht auf Erfolg." Die größte Gefahr sei ein zweites Scheitern vor dem Bundesverfassungsgericht. "Unser Problem ist nicht allein der Rechtsextremismus, sondern auch die alarmierende Gewaltbereitschaft und die Ausländerfeindlichkeit." Nordrhein-Westfalens Innenminister Ingo Wolf (FDP) ist ebenfalls gegen ein erneutes Verbotsverfahren.
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