NPD-Parteitag in Hohenmölsen: Drinnen Fusion, draußen Protest
Die NPD hat den Zusammenschluss mit der DVU abgenickt. Die bringt nun kaum Mitglieder, aber nötiges Geld mit. Auf der Straße demonstrierten derweil Hunderte gegen die Rechten.
HOHENMÖLSEN taz | Die Entscheidungen entsprachen den Erwartungen. Im Bürgerhaus von Hohenmölsen stimmte die NPD um Parteichef Udo Voigt mit großer Mehrheit für die Vereinigung mit der DVU. Mit breitem Zuspruch bestimmten am Samstag die Delegierten auch den bisherigen DVU-Vorsitzenden Matthias Faust zu einem der Vizechefs der fusionierten Partei. Ein "Parteitag der Einheit", meinte Voigt.
Keine zehn Fußminuten von dem Bürgerhaus entfernt, mitten im Stadtkern Hohenmölsens, wurde eine Hoffnung der NPD allerdings gedämpft. Der Parteitag in der tiefen sachsenanhaltinischen Provinz sollte eine positive Wirkung auf die Landtagswahl haben. Im Bürgerhaus sprach der NPD-Spitzenkandidat Matthias Heyder von einer "Generalmobilmachung", weil seine Parteigänger "das asoziale System da draußen verachten". Da draußen zeigten jedoch über 400 Menschen rund um Rathaus und Kirche, was sie von der NPD halten: nichts. Trotz Regen fand ein Bürgerfest statt. "Wir hofften auf so viele Teilnehmer, waren aber nicht sicher", sagt Andy Haugk vom kulturgeschichtlichen Verein "Drei Türme". 400 Menschen sind hier, wo die NPD fest verankert ist, eine große Beteiligung. Manche sollen aus Angst dennoch nicht gekommen sein.
Das Fest hatten die Kirchen und der Verein gemeinsam geplant. Auf zwei Bühnen spielten regionale Bands. Bei der Freiwilligen Feuerwehr gab es Deftiges, bei der Kirchengemeinde Süßes. An Ständen lag Infomaterial gegen die NPD aus. Auch Politprominenz war gekommen. Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) sagte: "Es gibt auch unter uns Menschen, die enttäuscht sind und sich anderen Ideologien zuwenden". Eine 43-Jährige Hohenmölserin erzählte, dass sie "noch nie" gegen die NPD protestiert habe. "Ich auch nicht, aber nun muss ja", entgegnete ein 50-Jähriger Hohenmölser.
Später, der Regen hatte aufgehört, sagte der evangelische Pfarrer Thomas Wisch: "Der Tag war ein Erfolg", auch, weil zu dem Fest Besucher kamen, die sonst nicht zu Politikveranstaltungen kommen. Im Burgenlandkreis gehe es um jede Stimme, sagt David Begrich, Rechtsextremismusexperte von "Miteinander e.V." An einem Haus, in einem Dorf vor der Stadt, hing ein großes NPD-Transparent: "Sachsen-Anhalt begrüßt die Delegierten des Parteitag".
Im Bürgerhaus verlief bei der NPD alles nach Plan. Getreu dem Motto "Gemeinsam stärker" beschworen Voigt und Faust vor den über 400 Parteitagsdelegierten und –gästen "Deutschlands starke Rechte". Von 207 Delegierten stimmten 194 für die Fusion. Dass die desolate DVU in der NPD nicht von allen als gleichberechtigter Partner gesehen wird, zeigte ein Initiativantrag, der die Änderung des Parteizusatznamens verhindern wollte. Doch das war nicht opportun. Buhrufe kamen auf, und Voigt sprach ein Machtwort: Die NPD wird 2011 "NPD. Die Volksunion" heißen.
Voigt musste aber einräumen, dass von den 4.000 DVU-Mitgliedern höchstens 1.000 Anhänger sich der NPD anschließen würden. Alles jedoch "aktive Kader", redete Voigt die Zahl schön. Umso stärker betonte Faust, dass die DVU eine größere Erbschaft mitbrächte. Zu der gehörte ein Haus in Freiburg, dessen Verkauf rund 450.000 Euro eingebracht hatte.
Auf dem Parteitag entschuldigte sich der Noch-DVU-Chef zudem für so manchen verbalen Angriff auf die NPD. Vergeben und vergessen? Mit 160 Ja-Stimmen von 201 abgegebenen Stimmen wurde er NPD-Vize. In Bremen wird er für die NPD im Mai 2011 in den Bürgerschaftswahlkampf ziehen.
Wann die DVU ihren Parteitag im November für die Fusion abhalten wird, verriet Faust nicht. Er gestand aber, dass in seiner Noch-Partei Widerstände zu überwinden wären. Umjubelter Teilnehmer des Parteitags war im übrigen nicht Faust, sondern Lutz Battke. Battke sitzt für die NPD im Kreisrat und Stadtparlament von Laucha und tritt am Sonntag zur Bürgermeisterwahl an. "Ein Achtungserfolg ist möglich", befürchtet David Begrich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja