: NKWD verübte Katyn-Morde
■ 'Moscow-News‘ veröffentlichte historische Dokumente / Stalin und Beria auf der Liste der Verantwortlichen / Seit 1940 keine Spur in den Archiven / Historikerkommission ohne Abschluß
Moskau (afp) - Die reformorientierte sowjetische Zeitschrift 'Moscow News‘ hat am Mittwoch erstmals Dokumente aus sowjetischen Archiven veröffentlicht, aus denen eine Beteiligung des Stalinschen Geheimdiensts NKWD an dem Anfang der 40er Jahre an polnischen Offizieren verübten Massaker in Katyn im heutigen Weißrußland hervorgeht. Daneben druckte die Zeitung zwei Listen, eine polnische und eine sowjetische, mit Namen von Personen und Offizieren des NKWD ab, die an dem Massaker beteiligt gewesen sein sollen.
Auf beiden Listen taucht der Name von Josef Stalin und der des berüchtigten NKWD-Chefs Lawrenti Beria auf. Bisher hatte Moskau das Massaker stets den Nationalsozialisten angelastet, während in Polen die These von der NKWD -Täterschaft vertreten wurde. Die deutsche Wehrmacht war nach dem Überfall auf die Sowjetunion 1943 bei Katyn auf die Leichen von 4.500 polnischen Offizieren gestoßen. In Polen heißt es, 10.000 weitere seien in der Ostsee ertränkt worden. 1987 war eine sowjetisch-polnische Kommission zur Untersuchung des Massakers gegründet worden, die bislang jedoch noch kein Ergebnis ihrer Arbeit vorgelegt hat. Polens Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki hatte während seines Besuchs in der UdSSR im November vergangenen Jahres darauf gedrungen, Licht in die Angelegenheit zu bringen.
Die Zeitschrift hatte den NKWD bereits in einem im August vorigen Jahres veröffentlichten Artikel in Zusammenhang mit dem Massaker gebracht. Während sie sich damals auf Aussagen von Dorfbewohnern berief, stützt sie sich in ihrer jüngsten Ausgabe auf Dokumente des Zentralen Staatsarchivs und der Militärischen Zentralverwaltung. Diese besagen, daß die polnischen Offiziere und Polizisten nach ihrer Gefangennahme durch die sowjetische Armee Ende 1939 auf drei Militärlager verteilt wurden. Ende April 1940 seien dann 15.131 Offiziere und Polizisten an den NKWD übergeben worden. Seitdem fehlte von ihnen in den Archiven jede Spur, „so als hätten sie sich in nichts auf gelöst“, wie es in der Zeitschrift heißt.
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