NEUES SCHLIESSFACH : Bei den Fundsachen
Auf bestimmte Institutionen kann man sich verlassen. Die Polizei gehört meist nicht dazu. Als es vergangene Woche wegen des Polizeikongresses etwas drüber und drunter ging in einigen Ecken Kreuzbergs, da beschloss ich spontan, eine solche Institution zu besuchen: den Trinkteufel. Eine der besten Kneipen Berlins und seit Ewigkeiten der beste Afterhour-Schuppen.
Ich gehe zur Bar und frage, ob ich meine Jacke und einige anderen Utensilien an der Bar bunkern dürfte. „Auf keinen Fall!“, ist die logische Antwort.
Also erkläre ich die aktuelle Situation: An den Kreuzungen nehmen die Beamten gerade jeden fest, der eine schwarze Jacke trägt, deswegen möchte ich mich meiner angeblichen Autonomenkluft und der 500 Mollis in meiner Hosentasche lieber entledigen. Nun ist das alles gar kein Problem mehr, mit solchen Situationen kennt man sich aus, alles läuft sehr verständnisvoll ab.
Am nächsten Tag laufe ich durch den Kiez, vorbei an der ein oder anderen entglasten Bushaltestelle und den übrig gebliebenen Barrikaden und hüpfe lockeren Fußes durch die Schwingtür der Kneipe. Die Bedienung ist gerade erst angekommen, sie weiß nichts von meinem neu eingerichteten Bankschließfach im Trinkteufel. Ich könne bei den Fundsachen nachschauen. Ich versuche, ihr die Brisanz der gestrigen Situation näherzubringen, doch keine Chance.
An einem Tisch in der hintersten Ecke des Trinkteufels sitzt ein älterer, dicker Mann am Tisch und schläft. Er trägt eine viel zu enge schwarze Jacke und ein Palituch, neben ihm liegen eine Sprühdose und eine Silvesterrakete – und er will auf keinen meiner Ansprechversuche reagieren.
Beim nächsten Mal buddel ich mir doch wieder irgendwo ein Loch, wenn ich Sachen verstecken will. So, wie ich es in der Kindheit mit den bei Karstadt entwendeten Turtles-Figuren gehandhabt habe. JURI STERNBURG