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NDR-RundfunkratGremien voller Gremlins

Der NDR- Rundfunkrat gibt grünes Licht für Günther Jauchs Wechsel zur ARD. Anfang Juli müssen noch die WDR-Gremien zustimmen, die sehen aber Klärungsbedarf.

Er freut sich auf die Heimkehr: Beim Bayerischen Rundfunk fing er an, nun wechselt Günther Jauch von RTL zur ARD. Bild: dpa

KÖLN taz | Die „Gremlins“ sind zahm geworden: Als 2006 der erste Versuch, Günther Jauch heim ins Reich der ARD zu holen, am hinhaltenden Widerstand der Aufsichtsgremien (und zuletzt auch mancher Intendanten) gescheitert war, rechnete der RTL-Star hübsch beleidigt mit den „Gremien voller Gremlins“ ab: Die hätten schließlich „monatelang jede Woche der Verführung“ nachgegeben, „mit meinem Namen auch mal den eigenen in der Zeitung zu lesen“ und sich als „drittklassige Bedenkenträger“ geriert

2010 ist alles anders: Der NDR Rundfunkrat gab schon am Freitag grünes Licht für die Heimkehr des verlorenen Sohnes, dessen Karriere einst beim bayerischen Rundfunk begonnen hatte. Jauch wird ab Herbst 2011 von Anne Will den gleichnamigen Polit-Talk im Ersten übernehmen, und statt nöckelnder Bedenkenträgerei gibt es jetzt Artigkeiten: „Günther Jauchs Verpflichtung ist in mehrfacher Hinsicht ein Gewinn: Die ARD hat sich die Zusammenarbeit mit einem der beliebtesten Fernsehmoderatoren sichern können“, sagt die NDR-Rundfunkratsvorsitzende Dagmar Gräfin Kerssenbrock. Außerdem ein „Gewinn“ für das Gremium: Jauch verzichtet auf „Werbeaktivitäten“ und hängt bei seinem bisherigen Stammsender RTL „Stern TV“ an den Nagel.

Und, so ist bei vielen in der ARD zu hören, hoffentlich nicht nur das: Jauch soll auch sonst dem Ersten der ARD aus der ein oder anderen Verlegenheit helfen – in Sachen großer Fernsehshow zum Beispiel. „Natürlich sähen wir Günther Jauch auch gern im Unterhaltungsbereich“, sagt auch WDR-Intendantin Monika Piel, die als designierte ARD-Vorsitzenden zusammen mit ARD-Programmdirektor Volker Herres und dem NDR-Chef Lutz Marmor die Verhandlungen mit Jauch geführt hat. Konkretes vereinbart sei aber nichts. Allerdings hat da Jauch bindende Verträge mit RTL – und die ARD wohl kaum das nötige Kleingeld, ihm Ähnliches zu bieten. Doch „Jauchs großes Interesse“, so Piel, lag klar im Informationsbereich und im Polittalk nach dem „Tatort“ im Vordergrund: „Er ist nach wie vor an journalistischen Formaten sehr interessiert“.

Interessiert an Jauch sind auch die WDR-Gremien. Sie müssen Anfang Juli dem Deal noch zustimmen. Die neue Vorsitzende des WDR-Rundfunkrates, die ehemalige CDU-Europa-Abgeordnete Ruth Hieronymi, hat via Süddeutsche Zeitung noch Klärungsbedarf angemeldet: Zwar sei es „immer die Position des WDR-Rundfunkrats“ gewesen, „dass Günther Jauch eine herausragende Person des Fernsehjournalismus ist“, so Hieronymi. Wenn jetzt aber nur „der halbe Jauch zur ARD kommt, ist das nicht unproblematisch, da stellt sich eine Grundsatzfrage.“

Denn schließlich muss für Jauch Anne Will weichen. Und eng mit Jauch verknüpft, ja mit seiner Berufung unsinnigerweise begründet, wurde auch der von den ARD-IntendantInnen beschlossene einheitliche neue Sendetermin für die „Tagesthemen“ wochentags ab 22.15. Das wiederum schrottet wohl auch den erst nach länglichem Tauziehen gefundenen, heute höchst erfolgreichen Sendeplatz von WDR-Polittalker Frank Plasberg mittwochs im Ersten. Und das sorgt im WDR-Rundfunkrat für erhebliche Unruhe. Die WDR-Chefin kommentiert knapp, „Frau Hieronymi“ nehme eben„ihre Aufgabe wahr“

Wirklichen Ärger dürften die Gremien diese Mal tatsächlich nicht machen – nach den Jubelarien auf Jauch wäre das schließlich in erster Linie für die RätInnen selbst peinlich. Der Film „Gremlins“ bekam nicht von ungefähr fürs deutsche Kino den schönen Zusatz: „Kleine Monster“. Am 3. Juli kommt der WDR-Verwaltungsrat zu einer Sondersitzung in Sachen Jauch zusammen.

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