NACHRUF: Jesus Rojas ist tot
■ FMLN-Comandante in Chalatenango ermordet
Managua (taz) — Jesus Rojas, der Internationalist unter den salavdorianischen Guerillacomandantes, ist tot. „Im Kampf gefallen“, meldete die Pressestelle der Armee in San Salvador. „In einen Hinterhalt gelockt und ermordet“, heißt es in einer Mitteilung der FMLN. Laut überlebenden Guerilleros war „Comandante Chus“, der militärische Oberbefehlshaber der FMLN-Teilorganisation FPL, Donnerstag frühmorgens mit seinen Leuten vom Hauptquartier in der Ortschaft Arcatao nach San Jose de las Flores in Chalatenango unterwegs. Ihr Kleinlaster stieß auf eine vom Atlacatls-Bataillon der Armee gelegte Mine. Jesus und dreizehn weitere Guerilleros sollen laut dem FMLN-Kommuniqué beim anschließenden Feuergefecht verletzt und dann mit Kopfschüssen exekutiert worden sein.
Eigentlich hieß er Antonio Cardenal Caldera und war Nicaraguaner, Neffe des von Somoza ermordeten Zeitungsherausgebers und Oppositionsführers Pedro Joaquin Chamorro, dessen Witwe durch ein seltsames Schicksal Präsidentin Nicaraguas geworden ist. Der Jesuitenseminarist, der im Alter von zwanzig Jahren nach San Salvador kam, wurde Anfang der 70er Jahre wegen seines politischen Engagements nach Guatemala ausgewiesen. Er kehrte illegal zurück, hängte die Soutane des Novizen an den Nagel und schloß sich den „Fuerzas Populares de Liberacion“ (FPL) an, einer Organisation, die damals einen Großteil ihrer Kader in den von der Befreiungstheologie beeinflußten christlichen Basisgemeinden rekrutierte.
In seine Heimat Nicaragua kehrte Antonio selten zurück. Erst als er 1989 von der Front abgezogen und in die politisch-diplomatische Kommission der FMLN aufgenommen wurde, konnte sich „Comandante Chus“ mit seiner salvadorianischen Ehefrau und seinen zwei Kindern vorübergehend in Managua niederlassen. Als Neffe der Präsidentin spielte er eine wichtige Rolle bei den Gesprächen mit der neuen Regierung über die Freiräume, die die FMLN auch im post-sandinistischen Nicaragua genießen sollte. Wenige Tage vor seinem Tod gab er noch eine Pressekonferenz in der von der FMLN kontrollierten Zone.
Es ist sicher kein Zufall, daß der Hinterhalt gelegt wurde, während in Mexiko über einen Waffenstillstand verhandelt wird. Die FMLN verlangt für die Einstellung der Feindseligkeiten den ungestörten Verbleib in den von ihr beherrschten Gebieten samt Verbindungskorridoren. Der Armee ist es wichtig zu beweisen, daß es keine Zonen gibt, wo sich die Guerilleros sicher fühlen können. Ralf Leonhard
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