NACHRICHT VON DER MESSE : Biene in Basel
Musste die so schreien? Manni saß unter dem dicken alten Limonenbaum auf seiner Terrasse und hielt den Telefonhörer auf Abstand. Biene gab die neuesten Zahlen und den Gossip aus Basel durch.
Dass „Brad“ zwar am Stand vorbeigeschaut hatte (für einen genaueren Blick auf einen Tal R hatte er sogar kurz die ultrapeinliche Pilotenbrille abgenommen), dann aber zu Loddys Koje weitergezogen war, um den Leo Lauch, eine Rennfahrerszene, unerträglicher Kitsch, sagte Biene, dann doch bei David Zwirner zu kaufen, hihi. Die Million hätte er lieber für neue Hosen ausgeben sollen, sagte sie. Harald Falckenbergs Kommentar (Brad Pitt – ist das nicht eine Hunderasse?) fand Biene total cool.
Manni lachte. Dass sich jemand Lauchs neokonservative Arbeiter-und-Bauern-Malerei freiwillig an die Wand hängte, konnte er sich gar nicht vorstellen. Abgesehen von Kim Jong Il vielleicht. Wahrscheinlicher war auch, dass so ein Bild gleich wieder in eins der Basler Freihandelslager wanderte, wo es ja auch herkam. Eine Million und dann wurde der Schinken bloß ein paar Meter von einem vollklimatisierten Hochsicherheitslager ins nächste geschleppt, wunderbar!
Und sonst so? Warhols „Big Retrospective Painting“ geht für 80 Millionen an Abramovic, der will es in seine Boeing hängen. Ach, und mir tun die Haxen weh, sagte Biene. Damit das klar ist: Morgen will ich keinen doofen Sammler auch nur von hinten sehen. In dieser Koje fühlt man sich manchmal wie, genau, wie so eine Nutte im Rotlichtviertel von Amsterdam.
Moment mal, dachte Manni. War das nicht ein Satz von der großartigen Barbara Gladstone? Tschüss, Biene, sagte er. Er nahm Sarah Thorntons ethnografische Einfühlung in die Kunstwelt in sieben Tagen vom Teetischchen, legte die Beine hoch und las noch einmal das Kapitel „Die Messe“.
SASCHA JOSUWEIT