■ Mutmaßliche Vampiresse bleibt vorerst im Reich der Toten: Ende einer blutrünstigen Karriere?
Lima (dpa/taz) – Die mutmaßliche Geliebte des transsilvanischen Grafen Dracula hat sich als zahnlos erwiesen. Abgeschreckt vielleicht auch von der Journalistenschar und anderen Neugierigen, die sich in der Nacht zu Mittwoch im peruanischen Fischerdorf Pisco, rund 200 Kilometer südlich von Lima, versammelt hatten, hat Sarah Helen Roberts ihre Drohung nicht wahrgemacht, an ihrem 80. Todestag zurückzukehren, um sich zu rächen und ihre blutrünstige Karriere wieder aufzunehmen. Als die Uhren in Pisco Mitternacht schlugen, tat sich nichts: Die Gebeine der angeblichen Vampiresse ruhten weiter friedlich im kleinen Dorffriedhof. In den letzten Tagen war in Pisco eine wahre Psychose ausgebrochen. In der Überzeugung, Sarah Helen Roberts würde tatsächlich aus dem Reich der Toten zurückkehren, hatten sich viele Einheimische mit Stöcken, Kruzifixen, Knoblauchzehen und anderen „Waffen“ versorgt. Je näher die „Stunde X“ rückte, desto mehr Medienvertreter und Touristen kamen in den Ort, um das Ereignis gleichsam hautnah zu erleben. Trotz der Enttäuschung über das Fernbleiben des wichtigsten Gastes ließen es sich die Einheimischen nicht nehmen, ein wahres Volksfest zu feiern. Um Mitternacht warfen „Hexer“ rote und gelbe Blumen auf das Grab der Sarah Helen, und der Bürgermeister des Dorfes erklärte stolz: „Sie gehört uns.“ Zwei Versionen kursieren über den Tod der Frau. Eine Legende erzählt, sie sei wegen Hexerei zum Tode verurteilt worden, die andere, daß sie von einer Meute gelyncht wurde, die die Blutsaugerei der damals 41jährigen satt hatte. Sicher ist, daß sie am 9. Juni 1913 im englischen Blackburn starb und ihr Ehemann John mit ihren Überresten um die Welt reisen mußte, bis er in Pisco einen Friedhof fand, wo man am Vorleben der Toten keinen Anstoß nahm und – gegen ein stattliches Sümmchen – ihre Beisetzung gestattete. Vielleicht war Frau Roberts in der Nacht zu Mittwoch ja noch mal kurz in Blackburn?
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