: Muss ich meine Daten selber schützen?Ja!
COMPUTER Alle wollen meine Daten. Muss ich trotz Datenschutzgesetz alles selbst verschlüsseln und beschützen?
padeluun ist Künstler, gehört dem Vorstand des FoeBuD e. V. an und ist Jurymitglied der BigBrotherAwards
Natürlich muss ich meine Daten selber schützen. Das Stoßgebet „Lieber Gott, mach, dass meinen Daten nichts geschieht“ hat sich als Selbstschutz als am effektivsten herausgestellt. Denn unsere Datenschutzgesetzgebung ist veraltet und inkontinent. Sie kommt aus der Zeit der Großrechner und der einzelnen Kreditauskunft mit Karteikarten. Datenschutz bedeutet bei „digital vernetzten Karteikästen“ Schutz vor Manipulation. Wir müssen immer darauf achten, weniger Daten anzugeben als bei einer Festnahme: Name, Straße, Ort. Keine Fotos für Kundenkarten, kein Geburtsdatum. Da wir oft keinen Einfluss auf das Anfallen von Daten haben, müssen wir Datensparsamkeit (auf der Straße!) politisch einfordern. Damit wir nicht – hoppla! – alle im Überwachungsstaat(skonzern) aufwachen, wo selbst Gebete nichts bewirken.
Dieter Wiefelspütz ist innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion
Jeder Bürger ist beim Thema Datensicherheit auch selber gefragt. Die Sorglosigkeit mit dem Umgang höchstpersönlicher Daten ist grob fahrlässig und muss aufhören. Ich muss meinen PC sichern, meine Dateien und meine Kommunikation schützen. Die aktuell diskutierten Verbesserungen des Datenschutzes betreffen den Verbraucherdatenschutz, insbesondere die Verwendung von Adressen zu Werbezwecken. So werden die Rechte der Verbraucher gestärkt. Wirksame Instrumente zur Verhinderung weiterer Datenschutzskandale enthält das neue Gesetz freilich nicht. Der Arbeitnehmerdatenschutz muss dringend umfassender geregelt werden.
Gisela Piltz ist Bundestagsabgeordnete der FDP aus Düsseldorf
Das Web 2.0, das interaktive Internet, ist gerade für Jugendliche längst Realität und Bestandteil ihres Alltags. Der enorme Erfolg von Social Networks und Plattformen wie StudiVZ, Facebook oder YouTube zeigt, dass das Internet für viele Menschen inzwischen ganz selbstverständlich zum sozialen Raum gehört. Anonymes Surfen und Durchklicken einzelner Websites war gestern. Der Wunsch, soziale Kontakte nicht nur in der Realität, sondern auch virtuell zu pflegen, steht immer mehr im Vordergrund. Dabei ist jeder Nutzer für seine Daten verantwortlich. Der sorglose Umgang mit persönlichsten Daten gibt vermehrt Anlass zu größter Sorge. Denn die besten Regeln zum Datenschutz nützen niemandem, der freiwillig seine Privatheit aufgibt. Hier muss mit Bildung und Aufklärung gegensteuert werden. Der Wert der Privatheit, die Einhaltung einer gewissen „Schamzone“, muss als gesellschaftlicher Wert im Bewusstsein verankert bleiben. Dieses Bewusstsein und die Eigenverantwortung der Menschen kann aber kein Gesetz vorschreiben.
Hans-Peter Uhl (CSU) ist innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Datenschutz ist ein Lebensthema. Zwar kann kein Gesetz den Einzelnen hindern, im Internet-Chat nachlässig mit seinen Daten umzugehen. Aber der Staat muss regulierend eingreifen – umso mehr, je sensibler die Daten. Etwa bei Gesundheits- oder Arbeitsplatzdaten müssen sich die Bürger auf wirksame Schutzgesetze verlassen können. Daher sind die Pflichten des Arbeitgebers im Umgang mit Arbeitnehmerdaten sehr eng zu fassen. Anders verhält es sich bei weniger sensiblen Daten wie Postanschriften, die generell nicht geheim sind. Ein absolutes Weitergabeverbot wäre unverhältnismäßig. Jeder Einzelne soll selbst entscheiden, ob er Werbepost bekommen will. Die Kommunikation via Computer muss sicherer werden. Mit dem BSI-Gesetz sorgen wir dafür: Hackerangriffe, Wirtschaftsspionage und Datenmissbrauch müssen auch von staatlicher Seite erschwert und bekämpft werden.
Nein!
Benedikt Lux ist Abgeordneter für Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus
Datensparsamkeit ist der beste Datenschutz. So lautet eine alte Weisheit von BürgerrechtlerInnen und PolitikerInnen. Heute gilt das nicht mehr uneingeschränkt. Für Nichttechniker ist es in der multimedialen Realität nicht praktikabel, jedes System, jedes Eingabefeld auf die Datenverarbeitung zu prüfen und hierbei den Überblick zu behalten. Eine radikale Wende könnte sein, so viele Spuren zu hinterlassen, dass gar kein Profil, gar kein Raster mehr zu erstellen ist. Wieso soll es denn für ein Unternehmen oder die Strafverfolgungsbehörden interessant sein, wenn ich etwa über Twitter oder Facebook täglich mitteile, welches Müsli ich heute gegessen habe. Bei Abos, die man auf der Straße abschließt, eine falsche Hausnummer aufzuschreiben oder seinen Namen leicht zu verfälschen, ist so ein Beispiel, wie man die Datensammler austricksen kann: Sie können die Adressen und Namen kaum abgleichen, und man selbst weiß, wer einem da ein unerwünschtes Angebot zuschickt. Genauso mit den Handys: Einfach 5 Karten haben, dann wird es schon schwerer, effektiv überwacht zu werden. Ziel kann es also sein: ein weißes Rauschen zu erzeugen und dem Datenaffen so viel Zucker zu geben, dass er selbst an seiner Gefräßigkeit platzt.
Thilo Weichert leitet das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD)
Natürlich kann und muss ich im Rahmen meiner informationellen Selbstbestimmung bewusst mit meinen Daten umgehen. Das ist aber nicht das zentrale Problem des Schutzes unseres Persönlichkeitsrechts in der modernen Informationsgesellschaft. Wir sind dauernd rechtlich oder faktisch dazu gezwungen, unsere Daten Dritten zu offenbaren und anzuvertrauen: dem Telekommunikationsunternehmen, den Internetzugangs- und den -inhaltsanbietern, der Bank, dem Arbeitgeber, der Versicherung, der Meldebehörde, dem Finanzamt, der Polizei… Das Datenschutzrecht spricht richtig von „verantwortlichen Stellen“. Diese sind sich ihrer Verantwortung nur in vielen Fällen gar nicht bewusst. Sie dürfen im engen rechtlichen Rahmen meine persönlichen Daten treuhänderisch verarbeiten. Die Praxis ist dagegen oft eher freihändig: Die Unternehmen und Behörden tun so, also gehörten die personenbezogenen Daten der Bürgerinnen und Bürger ihnen. Doch sie sind ihnen nur vorübergehend zweckgebunden geliehen. Die Stellen sind verpflichtet zum Schutz: vor unberechtigtem Zugriff, vor Verlust und Veränderungen, kurz: vor Missbrauch. Der Schutz von Integrität, Vertraulichkeit, Verfügbarkeit, Revisionsfähigkeit und Transparenz ist vor allem Aufgabe der Datenverarbeiter.
Christian Thorun ist Referent für Handel und Wirtschaftspolitik bei der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.
Die Datenschutzskandale der letzten Monate haben gezeigt, dass es mit dem Schutz personenbezogener Daten in Deutschland schlecht aussieht. Auf dem Schwarzmarkt werden Kontonummern von zwei Dritteln der deutschen Haushalte angeboten, alleine 17 Millionen Kundendatensätze von T-Mobile gelangten in die Hände von Unbefugten. Sicher – jeder von uns muss wachsamer und weniger freizügig mit Daten umgehen. Wer an Gewinnspie- len teilnimmt oder freizügig seine persönlichen Informationen im Internet preisgibt, der darf sich nicht über einen Missbrauch wundern. Wirklich gefordert ist jetzt aber der Gesetzgeber. Er muss Spielregeln festlegen, die Verbraucher schützen und ihnen das Recht auf Selbstbestimmung zurückgeben. Solange Verbraucher durch Koppelungsgeschäfte dazu gezwungen werden, ihre Daten für Werbung preiszugeben, ihnen Einwilligungen untergeschoben und Bußgelder in lächerlichen Höhen verhängt werden, wird auch der beste Selbstschutz nicht viel bringen. Die Bundesregierung hat nun die Chance, den Datenschutz an die Herausforderungen der digitalen Welt anzupassen. Ob sie diese wahrnimmt, ist offen.