Muslime: Integration für Imame
An der Universität Osnabrück beginnt das erste Weiterbildungs-Studium für Imame in Deutschland. Es ist ein Testlauf für ein Vollstudium in islamischer Theologie, für das sich Osnabrück gute Chancen ausrechnet.
30 Männer und Frauen haben am Montag mit dem Weiterbildungsstudiengang für Imame an der Universität Osnabrück begonnen. Ursprünglich sollten nur 15 Studierende zugelassen werden. Doch als es dann 90 BewerberInnen gab, verdoppelte die Universität die Zahl der Studienplätze in diesem Jahr.
Zwei Semester lang befassen die Imame, ReligionspädagogInnen und SeelsorgerInnen sich mit Landeskunde. Das soll der besseren Integration von Muslimen in Deutschland dienen, erklärten Vertreter aus Politik und der Universität am Montag zum Start des Studiums.
"Imame spielen eine wichtige Rolle in der Gemeindearbeit", erklärte die niedersächsische Sozial- und Integrationsministerin Aygül Özkan. Sie seien nicht nur Vorbeter, sondern auch Ratgeber im Alltag. "Junge Muslime brauchen die Imame als positive Vorbilder", so Özkan. Deshalb sei die Ausbildung an der Universität Osnabrück wichtig für die Integration der Muslime. Aygül Özkan nannte das Studienangebot eine "Pionierarbeit". Bisher gibt es in Deutschland keine Studiengänge für Imame. 90 Prozent der rund 2.000 Imame in Deutschland werden im Ausland ausgebildet.
Nach einer Empfehlung des Wissenschaftsrats vom Februar soll bis 2012 an zwei bis drei deutschen Universitäten das Fach "Islamische Studien" eingerichtet werden.
Das Fehlen eines solchen Studiengangs werde "der Bedeutung der größten nichtchristlichen Glaubensgemeinschaft in Deutschland nicht gerecht", so der Wissenschaftsrat.
Ziel sei die Ausbildung von islamischen Religionslehrern und Imamen sowie des "wissenschaftlichen Nachwuchses" für das Fach selbst.
Zu den Bewerbern gehört das "Zentrum für Interkulturelle Islamstudien an der Universität Osnabrück".
Die jetzt eröffnete Fortbildung für Imame kann als Testlauf für das künftige Vollstudium verstanden werden.
Die Integrationsdebatte werde bisher "primär von Menschen geführt, die kein theologisches Wissen haben und nicht aus der Binnenperspektive kommen", erklärte Rauf Ceylan, Professor für Religionswissenschaften. Um einen akademischen Diskurs über den Islam führen zu können, sei es nötig, entsprechende Experten an den Universitäten auszubilden.
Die zweisemestrige Fortbildung soll nur der Anfang der Imamausbildung in Osnabrück sein. Derzeit bewirbt die Universität sich beim Bundesforschungsministerium dafür, eines von drei bundesweit geplanten Instituten für Islamische Theologie übernehmen zu können. Damit könnten Imame an der Universität ausgebildet werden. Die Entscheidung fällt das Forschungsministerium im Laufe dieser Woche. Uni-Vizepräsidentin Martina Blasberg-Kuhnke geht aber schon jetzt davon aus, dass es einen Bachelorstudiengang für Imame an ihrer Universität geben wird. Das Land Niedersachsen unterstütze diesen Plan.
Vorerst gibt es aber nur die "kleine Lösung" für die Imam-Ausbildung, wie Bülent Ucar, Professor für islamische Religionspädagogik, den Weiterbildungsstudiengang nennt. Hauptziel sei die "grundständige Ausbildung islamischer Theologen".
Die Teilnehmer der Weiterbildung kommen vor allem aus Niedersachsen, aber auch aus Baden-Württemberg und Hessen. Voraussetzung für das Studium sind ausreichende Deutschkenntnisse sowie der Abschluss eines Theologiestudiums oder mehrjährige Erfahrung in der Gemeindearbeit.
Zu den Studierenden gehört Mehmet Jacubovi, seit 15 Jahren in Deutschland und Imam in der bosnischen Gemeinde in Aachen. Mit dem Studium will er vor allem seine Deutschkenntnisse verbessern und Fachbegriffe erlernen. Auch vier Frauen haben sich für den Studiengang eingeschrieben. Als Pädagoginnen und Seelsorgerinnen spielten sie eine wichtige Rollen in den muslimischen Gemeinden, sagt Bülent Ucar.
Eine von ihnen ist Dina Zeitun, 31. Sie hat das Studium begonnen, weil sie "junge Muslime unterstützen" will. Imame und PädagogInnen hätten eine "Brückenfunktion zur Gesellschaft".
Der Osnabrücker Islam-Professor Rauf Ceylan sieht die Erfolgsaussichten des neuen Studiengangs optimistisch. Für die Konrad-Adenauer-Stiftung gibt es regelmäßig fünftägige Fortbildungen für Imame. Häufig treffe er da auf viele Vorurteile gegenüber dem Gastland, die stark von der Berichterstattung in den Medien geprägt seien, sagt er. Doch diese Vorbehalte ließen sich schnell abbauen: "Im Lauf der fünf Tage entwickeln die Teilnehmer ein viel positiveres Bild von Deutschland."
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