Musik-Videopodcast "undertube": Von wegen unterirdisch
Der Videopodcast "undertube" berichtet aus dem U-Bahn-Netz von Berlin, Köln und München über lokale Bands - und könnte dafür einen Grimme Online Award gewinnen.
"Angenehm, Hummmel", sagt der Mann mit dem Gitarrenkoffer und schüttelt Jutta, Malte und Kameramann Ralf artig die Hand. Zwei schwarze Fühler baumeln über seinen Ohren. Sein Gesicht steckt in einem abgegriffenen gelben Plüschüberzug.
Gemeinsam mit einem zweiten flaumigen Kollegen ("Guten Abend, ebenfalls Hummmel") steigen sie an einer Münchner U-Bahn-Station in den nächsten Zug. Drinnen dreht das Team Folge 52 von "undertube" - einem Videopodcast, das aus dem U-Bahn-Netz von Berlin, Köln, München und (bald auch Hamburg) über die lokale Indie-Musikszene berichtet. Zu Gast diesmal: das Duo "Hummmel". "Wir machen das, was wir sowieso machen: U-Bahn fahren und uns über Musik unterhalten", erklärt Malte Göbel vom Team München, der wie viele seiner Kollegen selbst in einer Band spielt. "Dazu laden wir kleine Bands ein, die nicht die Öffentlichkeit finden, die sie verdienen." Die rund zehnminütigen Sendungen kann man später auf der Webseite angucken und runterladen.
Die erste Folge undertube stand im Februar 2007 online. Die Idee ist simpel; und dennoch wurde das Format jetzt aus fast 1.900 Vorschlägen für den Grimme Online Award 2008 in der Rubrik "Kultur und Unterhaltung" nominiert, in der im letzten Jahr "polylog.tv" gewonnen hat und 2006 "Ehrensenf".
Undertube ist ein Do-it-yourself-Projekt, das ohne Sponsoren und Betreiberfirma auskommt. Die Kosten für Domain und Speicherplatz trägt "Mastermind" Daniel Poli. "Wir spielen Fernsehen und zeigen das im Internet", scherzt er. Tatsächlich ist undertube - trotz Interviews und fester Rubriken - ein subjektiver Blog, bei dem die Quote nicht zählt. "In erster Linie sind wir Fans, die selbst gerne Indie-Musik hören", sagt Peer Göbel. Doch auch die Klassifizierung als Fanzine greift zu kurz. Daniel Poli sieht undertube als "ein neues journalistisches Format", das die Veränderungen widerspiegelt, die das Internet in Medienlandschaft und Musikszene bewirkt hat. Die Übergänge zwischen Fans, Journalisten, Bands und Veranstaltern verwischen, Experten und Protagonisten sind nicht mehr klar voneinander zu trennen.
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