Museumsbau: Topographie, der zweite Versuch
Am Freitag wird erneut der Grundstein für die "Topographie des Terrors" gelegt: Nach Jahren der Fehlplanung, zu hoher Kosten und der Unfähigkeit zu Kompromissen wird nun ein schlichter Pavillion für das NS-Dokumentationszentrum erreichtet.
Es kommt nicht oft vor, dass für ein und dasselbe Bauvorhaben mehrfach ein Grundstein gelegt wird. Das NS-Dokumentationszentrum "Topographie des Terrors" feiert heute seine zweite Grundsteinlegung auf dem Areal des einstigen "Reichssicherheitshauptamtes", wo bis 1945 Nazigegner von der SS und der Gestapo gefoltert und ermordet wurden.
Der Staatsakt mit Kulturminister Bernd Neumann (CDU) verweist auf die Bedeutung des Ausstellungsprojekts für die frühere nationalsozialistische Terrorzentrale in der Wilhelmstraße. Mit dem symbolischen Spatenstich erfolgt nicht nur der Baustart für den quadratischen eingeschossigen Pavillon der Architektin Ursula Wilms, der 2009 eröffnet werden soll. Durch die Grundsteinlegung für die "2. Topographie des Terrors" erhofft man sich auch die Beendigung eines Provisoriums nach einer über 20-jährigen beispiellosen und letztendlich katastrophalen Baugeschichte am sogenannten Ort der Täter.
Unter Überschriften wie "Ende gut - alles schlecht" hatten weite Teile der Presse im Januar 2006 den Siegerentwurf von Wilms mit Häme bedacht. Der schlichte Kubus mit einer Nutzfläche von 3.500 Quadratmeter für die NS-Dokumentation und die Büros, der in seiner Mitte ein offenes Wasserbecken beherbergt, war nicht gerade das, was man als spektakuläre Architektur bezeichnen würde. Hinter einem zentralen Eingang reihen sich Schauflächen an Schauflächen, ergänzt durch Seminar- und Bibliotheksräume für die Stiftung Topographie des Terrors. In der bedeutsamen Berliner Gedenktrias aus Holocaust-Mahnmal, Jüdischem Museum und Topographie des Terrors fällt der 24 Millionen Euro teure Entwurf für den funktionalen Flachdachbau mit einer transparenten Metallfassade regelrecht ab.
Gut ist jedoch, dass der Bau dem Umfeld aus freigelegten Fundamenten und Kellern des früheren SD- und SS-Hauptquartiers Raum lässt und diesen nicht verbaut. Gut ist zudem, dass der Entwurf im Kostenrahmen machbar ist. Und gut ist schließlich, dass für die Topographie ein neuer Anfang in Sicht ist.
Das ist wenig, aber genug in einer schier unendlichen Geschichte für ein Projekt, an dem alle Beteiligten - die Stiftung, ein Architekt, die Berliner Bauverwaltung, Baufirmen und schließlich der Bund - ihren unwürdigen Anteil haben. Schon 1987 war das Gelände anlässlich der 750-Jahr-Feier der Stadt provisorisch mit der Dokumentation "Topographie des Terrors" mit Fotos und Texten der NS-Gewaltherrschaft (die bis dato in einem überdachten Graben gezeigt wird) hergerichtet worden. 1993 gewann der Schweizer Architekt Peter Zumthor den Bauwettbewerb mit einem spektakulären Entwurf für ein Ausstellungsgebäude aus schmalen Betonstäben - das die Stiftung aber ablehnte.
Zumthor zog ab 1995 erste Rohbauten auf dem Areal hoch, musste aber 2000 die Arbeiten einstellen. Die Kosten waren auf 38 Millionen Euro explodiert, Baufirmen gingen in Konkurs, und die Berliner Bauverwaltung verlangte Umplanungen. Der veränderte Entwurf wurde aber nicht umgesetzt. Der Zumthor-Bau wurde 2004 endgültig gestoppt, weil sich erneut abzeichnete, dass das Limit von 38 Millionen Euro überschritten würde, nachdem 13 Millionen Euro zu diesem Zeitpunkt bereits geflossen waren. Die Bauverwaltung, die sich bei der Ausschreibung, Bauvergabe und Prüfung geradezu unfähig und dilettantisch angestellt hatte, entließ auf üble Weise den Architekten und riss die Aufbauten ab. Zumthor klagte gegen das Land - ohne Erfolg. 2005 zog der Bund das Verfahren an sich; es wurde ein neuer Wettbewerb ausgelobt, den Wilms 2006 gewann.
Wenn nun ein Neubeginn für die Topographie des Terrors gefeiert wird, geschieht das mit der Aussicht und dem Wunsch, endlich eine feste Hülle für die Exponate des NS-Terrors an einer der wichtigsten historischen Stätten Berlins zu erhalten. Zugleich ist die vermeintliche Zäsur auch ein Lehrstück über die Schwierigkeiten deutscher Geschichtspolitik und mit deren Umgang. Hat es sich doch gezeigt, dass auf dem Weg zur Erinnerung an die Täter in Deutschland ein sehr steiniges, gefährliches Terrain erst beschritten werden musste.
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